Deutschlands Interessen – und mit wem sie sich verwirklichen lassen

Die Regulierung globaler Migrationsströme

Deutschland hat von der Globalisierung, zu der auch die stark gestiegenen globalen Migrationsströme gehören, profitiert. Die Zahl der grenzüberschreitenden Migranten ist in den letzten 30 Jahren um mehr als 100 Millionen auf mehr als 250 Millionen Menschen gestiegen, während die Bevölkerung der Bundesrepublik ohne Zuwanderung rund 10 Millionen unter den heutigen 83 Millionen liegen würde. Der wirtschaftliche Erfolg, die Sozial- und Rentensysteme hängen also schon heute zu einem erheblichen Maß von Zuwanderung ab, Tendenz steigend.

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Deutschland hat von der Globalisierung, zu der auch die stark gestiegenen globalen Migrationsströme gehören, profitiert. Die Zahl der grenzüberschreitenden Migranten ist in den letzten 30 Jahren um mehr als 100 Millionen auf mehr als 250 Millionen Menschen gestiegen, während die Bevölkerung der Bundesrepublik ohne Zuwanderung rund 10 Millionen unter den heutigen 83 Millionen liegen würde. Der wirtschaftliche Erfolg, die Sozial- und Rentensysteme hängen also schon heute zu einem erheblichen Maß von Zuwanderung ab, Tendenz steigend.

Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass die globalen Migrationsströme auch erhebliche Herausforderungen mit sich bringen: Die zunehmende internationale Konkurrenz um Fachkräfte, Integrationsprobleme, Sicherheitsfragen und gesellschaftliche Polarisierungen sind nur einige Beispiele. Seit dem Frühjahr 2020 kommen noch zusätzliche Herausforderungen im Zusammenhang mit der weltweiten Corona-Pandemie hinzu.

Insgesamt waren laut der im November 2021 veröffentlichten „Mid-Year-Trends 2021“ der UNHCR Mitte 2021 bereits mehr als 84 Millionen Menschen, also knapp ein Prozent der Weltbevölkerung, auf der Flucht („displaced“). Davon waren schätzungsweise 51 Millionen Binnenvertriebene. Ein Großteil der internationalen Flüchtlinge bleibt in den Nachbarländern ihrer Herkunftsstaaten. Die Corona-Krise hat die Notlage dieser ohnehin vulnerablen Bevölkerungsgruppen noch verschärft.

Doch auch Deutschland ist unmittelbar von Flüchtlingskrisen betroffen und hat in seiner jüngeren Vergangenheit viele Schutzsuchende wie die sogenannten Boatpeople aus Vietnam in den 1970er Jahren, Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem zerfallenden Jugoslawien in den 1990ern oder Menschen, die seit 2015 vor dem Krieg in Syrien geflohen sind, aufgenommen und jüngst um die 400.000 geflüchteten Ukrainer, mehrheitlich Frauen und Kinder. Gerade die Flüchtlingsströme von 2015/16, in deren Zuge mehr als 1,2 Millionen Erstanträge auf Asyl gestellt wurden, hat Deutschland auch vor erhebliche innenpolitische Herausforderungen gestellt, zur zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft beigetragen und Differenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten vertieft. Die richtige Balance zwischen Aufnahme, Fluchtursachenbekämpfung und europäischer Grenzsicherung ist deshalb eine wichtige politische Aufgabe Deutschlands. Letztendlich gilt es natürlich in der Praxis der Asylverfahren den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention zu entsprechen und als Staat mit einem entwickelten Asylsystem voranzugehen. Der Flüchtlingsschutz muss vor allem verhindern, dass Geflüchtete in ein Land zurückgeschickt werden, in dem ihnen Verfolgung, Gewalt oder Folter drohen (Non-Refoulement Prinzip) um ihre Grundrechte zu wahren.

Auch deshalb engagiert sich Deutschland auf der multilateralen Ebene für den Flüchtlingsschutz und die Regulierung globaler Migrationsströme. Deutschland trägt sowohl im Rahmen richtungsweisender Abkommen als auch bei der konkreten humanitären Hilfe vor Ort Verantwortung: als starker Unterstützer und Unterzeichner der beiden Global Compacts zu Flucht und Migration, als zweitwichtigster Geber des World Food Programme nach den USA und als einziges Land, das gleichzeitig eines der stärksten zehn Aufnahmeländer und einer der größten zehn Beitragszahler des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) ist.

Deutschland steht zu seiner Verantwortung, Menschen, die vor politischer Verfolgung und Gewalt fliehen, gemäß des Asylrechts Schutz zu gewähren. Doch kein Land kann unbegrenzt Schutzsuchende und Migranten aufnehmen. Nur wenn es gelingt, den Integrationsprozess erfolgreich zu gestalten (in den Arbeitsmarkt, aber auch sprachlich, kulturell und gesellschaftlich) wird die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz des Asylrechts fortbestehen, damit Deutschland seiner Verantwortung auch zukünftig gerecht werden kann.

Bei Flucht und Migration müssen Staaten jedoch global und somit multilateral denken und handeln. Deutschland tut gut daran, sich multilateral für eine effizientere Regulierung globaler Migrationsströme einzusetzen – aus einem humanitären Impetus heraus, aber auch, weil deutsche Interessen betroffen sind. Die Wichtigkeit dieses Engagements hat vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie noch an Bedeutung gewonnen.

Staaten wie Deutschland haben auch ein inhärentes wirtschaftliches Interesse an qualifizierter Zuwanderung. Der Fachkräftemangel wird schon heute auf mehr als 400.000 Stellen geschätzt und die Tendenz ist aufgrund technologischer Innovation und der demografischen Entwicklung stark steigend. Die seit Jahrzehnten geringen Geburtenraten im Zusammenspiel mit dem Renteneintritt der sogenannten Babyboomer-Generation führen zu einer erheblichen Gefährdung des deutschen Sozialsystems – in erster Linie des Gesundheits- und Rentensektors.
Hinzu kommt, dass auch der wirtschaftliche Wohlstand und die Innovationskraft Deutschlands durch diese demografische Entwicklung gefährdet sind. 56 Prozent der Firmen sehen laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages im Fachkräftemangel das größte Geschäftsrisiko. Schlüsselindustrien wie die Mechatronik, Automatisierung, Energie- und Klimatechnik sowie Gesundheitspflege sind besonders betroffen.

Das zunehmende Ungleichgewicht zwischen der Anzahl an Erwerbs- und Nichterwerbstätigen – bei der bisher niedrigen Arbeitslosenquote vor allem aufgrund der zunehmenden Zahl von Mitbürgern im Rentenalter – und der daraus folgende Fachkräftemangel können in geringen Teilen durch Automatisierung und Ausschöpfung vorhandener Potenziale ausgeglichen werden. Die regionalen Unterschiede sind signifikant. Um dem wachsenden Bedarf an Fachkräften zu begegnen, bedarf es vor allem qualifizierter Zuwanderung, um den aktuellen Lebensstandard und die hohe Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands aufrecht zu erhalten. Die Fluchtzuwanderung ist hier nicht automatisch Lösung des Problems. Das Beispiel der syrischen Flüchtlinge zeigt, dass von ihnen 67% Leistungen aus dem SGBII beziehen und die Arbeitsmarktintegration daher noch deutliches Potenzial zur Verbessrung hat.

Die internationalen Flüchtlingsbewegungen von 2015/16 haben nicht nur Deutschland erreicht, sondern alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor neue Herausforderungen gestellt. Während die betroffenen Grenzstaaten (in erster Linie Griechenland und Italien) durch innereuropäische Grenzöffnungen, Aussetzung des Dublin-Verfahrens und Aufnahme von mehr als 2,5 Millionen Flüchtlingen tatsächlich entlastet werden konnten, hielt und hält sich die europäische Solidarität in der Frage der Umverteilung in Grenzen.

Auch in der Zeit nach der Flüchtlingskrise fällt die Einigung und Reform des Asylsystems schwer. Zwar kam es zu einigen erheblichen Entwicklungen. So hat die Europäische Kommission im September 2020 ein neues Migrations- und Asylpaket vorgeschlagen, das sich unter anderem ein kohärenteres und besser funktionierendes europäisches Asylsystem zum Ziel gesetzt hat. Im Juni 2021 einigten sich zudem Rat und Parlament darauf, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen in die Asylagentur der Europäischen Union umzuwandeln. Damit sollen die Mitgliedsstaaten bei den Asylverfahren unterstützt und deren Abläufe verbessert werden. Dennoch bleiben wichtige Fragen die Aufnahme, Verteilung und Finanzierung betreffend ungeklärt und die dringend notwendige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems daher noch in weiter Ferne.

Die Zusammenarbeit mit außereuropäischen Partnern nimmt eine besondere Stellung ein, wobei sich die Kooperation ganz unterschiedlich darstellt. Die Bundesregierung konnte zum Beispiel im europäischen Rahmen durch die sogenannten Migrationspartnerschaften, aber auch bilateral besonders mit Niger und Mali, Fortschritte erreichen. Deutschland spielt ebenso in der G20-Initiative Compact with Africa eine tragende Rolle – einerseits als Initiator, andererseits als enger Partner von Compact-Ländern wie Tunesien (unter anderem im Zuge des Marshallplans mit Afrika). Im Niger werden beispielsweise in der für den Menschenschmuggel wichtigen Region Agadez Projekte unterstützt, um den Menschen alternative Erwerbstätigkeiten zu ermöglichen. Die Zusammenarbeit wurde in den letzten Jahren sukzessive ausgebaut. In Mali nahm Deutschland bislang eine wichtige Rolle in der Stabilisierungsmission der UN (MINUSMA) ein und trägt damit zur Friedenssicherung bei. Zudem setzen die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag der Bundesregierung sowie die politischen Stiftungen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung Projekte zur verbesserten Regierungsführung und Dezentralisierung in Mali um. Damit werden zentrale afrikanische Transitstaaten für Flucht und Migration unterstützt. Mit Tunesien, das sowohl Herkunfts-, Transit- als auch Aufnahmeland ist, wird besonders in den Bereichen der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung, Beschäftigungsförderung und makroökonomischen Stabilität zusammengearbeitet.

Die Türkei, vor allem durch das EU-Türkei-Abkommen ein zentraler Partner bei der Reduzierung irregulärer Migration in die EU, ist nicht erst seit der einseitigen Grenzöffnung durch Präsident Erdogan im Frühjahr 2020 ein schwieriger Partner. Einerseits leistet die Türkei mit der Aufnahme und Versorgung von mehr als 3,5 Millionen syrischen Flüchtlingen einen beträchtlichen Beitrag zur Erstversorgung durch Auffanglager und Ankunftsstellen., andererseits nutzt die türkische Regierung das Drohpotenzial einer erneuten Flüchtlingskrise in Europa immer wieder als politisches Druckmittel.

Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung zudem auf die Notwendigkeit von vermehrter Arbeitsmigration nach Deutschland aus Nicht- EU-Ländern reagiert. Der Fachkräftebedarf kann durch Zuwanderung aus EU-Ländern nicht gedeckt werden, zudem beklagen einige Partnerstaaten zunehmend den Braindrain nach Deutschland. Allerdings stehen viele Entwicklungsländer vor dem Dilemma, nicht genug Arbeitsplätze für ihre wachsende, zum Teil gut ausgebildete Bevölkerung schaffen zu können. Gerade in vielen afrikanischen Staaten wie Nigeria, Marokko, Tunesien und Ghana hat die Jugend oft nicht ausreichende wirtschaftliche Perspektiven.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll den Zuzug solcher, auch nicht akademisch-qualifizierter Fachkräfte nach Deutschland erleichtern, indem es zum Beispiel den temporären Aufenthalt in Deutschland zur Suche eines Arbeitsplatzes erlaubt, die Begrenzung auf Mangelberufe aufhebt und die Anerkennung der beruflichen Qualifikation erleichtert. Dennoch wird das von der Bundesregierung angegebene Ziel des Zuzugs von mindesten 25.000 neuen Fachkräften pro Jahr kaum zu erreichen sein, da die Anerkennung der beruflichen Qualifizierung weiterhin sehr langwierig ist, die sprachliche Hürde Deutsch schon vor dem Zuzug überwunden werden und Deutschland auch erst als Einwanderungsland im Ausland bekannt gemacht werden muss. Erschwerend kommt noch die nach wie vor andauernde Corona-Pandemie hinzu. Es gilt jedoch die Weichenstellungen vorzunehmen und den Blick über die unmittelbare Krisenbewältigung zu richten, um das Ziel mittelfristig erreichen zu können. Trotz dieser Herausforderungen stellt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz eine Zäsur in der deutschen Arbeitsmarktpolitik dar. Dieser angestrebte Wandel kann nur mithilfe weiterer politischer Maßnahmen erreicht werden.

Der Fokus liegt zunächst auf Ländern, die bereits einen starken Bezug zu Deutschland haben und über entwickelte Ausbildungssysteme verfügen. Viele dieser Staaten besitzen bereits langjährige Erfahrung mit gezielter Arbeitsmigration. Die philippinische Regierung initiierte schon in den 1970er Jahren ein Programm zur Förderung von Arbeitsmigration, zunächst vor allem in die Golfstaaten, danach zunehmend auch in anderen asiatischen Staaten, in Kanada, Australien und den USA. Die Philippinen verfügen über zahlreiche staatliche Institutionen zur Unterstützung der Arbeitsmigration der eigenen Bevölkerung.

Die Flüchtlingskrise 2015/16 hat die Notwendigkeit eines Umverteilungsschlüssels von Migranten bewiesen, damit die EU auf diesem Gebiet in Zukunft handlungsfähig ist. Ebenso haben die Krise an der griechisch-türkischen Grenze (nach Öffnung der Grenze von türkischer Seite durch Präsident Erdogan) und die sich immer wieder verschärfende humanitäre Notlage auf den griechischen Inseln deutlich gemacht, dass die EU trotz der Vorhersehbarkeit dieser Entwicklungen nicht ausreichend vorbereitet war.

Deutschland sollte sich weiterhin für eine Reform des Gemeinsames Europäisches Asylsystem einsetzen. Funktionierender Grenzschutz an den Außengrenzen sowie der weitere Ausbau der Unterstützung der Grenzstaaten für eine Linderung der humanitären Notlage auf den Inseln wären hierbei wichtige Bestandteile. Es ist absehbar, dass irreguläre Migration und Flucht die Kapazitäten der EU-Grenzstaaten auch zukünftig überfordern werden. Die Notwendigkeit, die Überbelegung von Lagern, in denen hygienische Mindeststandards nicht eingehalten werden können, zu verringern, ist aufgrund der Corona-Pandemie noch deutlicher geworden.

Darüber hinaus gilt es zu überdenken, ob das EU-Türkei-Abkommen erneuert und reformiert werden könnte, um von beiden Seiten mit realistischen Erwartungen ein neues Kapitel der migrationspolitischen Zusammenarbeit aufschlagen zu können.

Nicht zuletzt hat die engere Kooperation mit Partnern, die medial weniger Aufmerksamkeit genießen, das Potenzial, Migrationsbewegungen effektiver zu gestalten. Eine ausgebaute Zusammenarbeit mit den Balkanstaaten, die neben der Grenzsicherung auch die wirtschaftlichen Bedürfnisse vor Ort einbezieht, kann zu einer engeren Anbindung dieser Länder an die EU beitragen. Die Unterstützung des Aufbaus stabiler staatlicher und wirtschaftlicher Strukturen in von Konflikten und extremer Armut geplagten Ländern wie jenen der Sahel-Region sowie der Austausch mit anderen Ziel- und Transitländern von Migrationsbewegungen wie Kolumbien und Marokko haben das Potenzial, zukünftigen Flüchtlings- und Migrationskrisen vorzubeugen und die wirtschaftlichen Chancen von Migration besser nutzen zu können.

Bei der Entlastung von Aufnahmeländern hat der UNHCR eine hervorgehobene Rolle, so beispielsweise bei der humanitären Versorgung von Flüchtlingen in Burundi, Somalia, Syrien und Afghanistan. Gleichzeitig ist der UNHCR, da er auf freiwillige Spenden angewiesen ist, jedoch strukturell unterfinanziert. Zudem verschärfen die Kriegshandlungen in der Ukraine und immer neue Migrationsströme die finanzielle Lage der UNHCR weiter. Einzelne Programme sind besonders betroffen. So mussten etwa die Nahrungsmittel- und Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge aus Burundi mehrmals erheblich eingeschränkt werden. Die EU und Deutschland als jeweils zweit-und drittstärkster Geber des UNHCR tragen dazu bei, dass Flüchtlinge kurzfristig vor Ort Unterstützung erfahren. Deutschland sollte sich dafür einsetzen, dass insbesondere die europäischen Partnerländer zu einer umfänglicheren Finanzierung der Programme beitragen, da diese den oft gefährlichen Weg nach Europa vorbeugen können, kosteneffektiv sind und zu einer Entlastung der Aufnahmestaaten führen.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist hingegen ein wichtiger erster Schritt, um den deutschen Arbeitsmarkt auf die gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen der Wirtschaft auszurichten. Damit es sein Ziel erreichen kann, bedarf es jedoch entscheidender begleitender Maßnahmen. Zum einen gilt es, neue Partner für Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen oder Ausbildungskooperationen zu gewinnen. Dies kann zum Beispiel durch die gezielte Ausbildung vor Ort durch deutsche Unternehmen, umfänglichere Initiativen, in denen das deutsche System der dualen Ausbildung Vorbildcharakter hat, oder die direkte Anerkennung der beruflichen Abschlüsse im Partnerland erfolgen. Die Bundesregierung unterstützt bereits jetzt im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit weltweit Staaten beim Ausbau der dualen Berufsausbildung, so etwa Serbien, Mexiko, Kenia und die zentralasiatischen Staaten. Die Koordinierung dieser zahlreichen Initiativen im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes würde über die geplanten Pilotprojekte hinaus, etwa in Brasilien und Indien, entscheidend dazu beitragen, das Potenzial von Arbeitsmigration nach Deutschland zu nutzen.
Darüber hinaus gilt der Sprachförderung vor Ort eine besondere Priorität, da Deutschkenntnisse nicht nur Vorbedingung für den Aufenthalt in Deutschland zur Arbeitsplatzsuche sind, sondern als Grundlage für den beruflichen Erfolg und eine gelungene Integration in Deutschland dienen. Das weltweite Netz der Goethe-Institute zur deutschen Sprachförderung sollte ausgebaut und das Angebot (speziell um berufsvorbereitende Sprachkurse) erweitert werden.

Die Kapazitäten wie auch die Verfügbarkeit von Visastellen an den deutschen Botschaften, müssen ausgebaut werden, um Anträge schnellstmöglich bearbeiten zu können. Um die angestrebte Fachkräftezuwanderung zu erreichen, sollten die potenziellen Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt ihre Visaanträge in den Herkunftsländern stellen können. Bei der Zuwanderung von qualifizierten Migranten steht Deutschland in Konkurrenz mit zahlreichen anderen Staaten – es sollte daher vermieden werden zu große bürokratische Hürden für die Arbeitnehmer und auch Arbeitgeber in Deutschland zu errichten.

Die folgenden fünf Fallbeispiele veranschaulichen das Potenzial einer engeren Zusammenarbeit mit Staaten, die bei der Regulierung internationaler Migrationsströme ganz unterschiedliche Rollen spielen. Es handelt sich dabei einerseits um Staaten, in denen eine Vertiefung der bereits bestehenden langjährigen Kooperation maßgeblich zu verbesserter Migrationssteuerung führen kann, und andererseits um Staaten, mit denen die bisherigen Partnerschaften noch deutlich ausgebaut werden können und ein hohes Potenzial zur Erreichung gemeinsamer Ziele besteht.

Während Niger, Marokko und Serbien auch Transitländer sind, stehen sie vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Im Niger spielen vor allem sicherheitspolitische Aspekte und der Aufbau von staatlichen Institutionen eine wichtige Rolle, während Marokko ein zentraler Akteur in der regionalen Migrationspolitik ist, auch im Rahmen der Afrikanischen Union. In Serbien (als Staat auf der sogenannten Balkanroute) stehen die Grenzsicherung sowie Versorgung und Umverteilung der Flüchtlinge vor Ort im Vordergrund.

Kolumbien erhält hierzulande weniger mediale Aufmerksamkeit, ist aber aufgrund der unhaltbaren Zustände in Venezuela eines der Hauptaufnahmeländer von Migranten und Flüchtlingen weltweit. Der Erfahrungsaustausch und die Unterstützung bei der unmittelbaren Versorgung der Geflüchteten sowie zur Umsetzung mittel- und langfristiger Public Policies spielen schon jetzt eine wichtige Rolle und haben weiteres Potenzial, zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vor Ort beizutragen.

Anhand dieser Fallbeispiele zeigt sich, dass ganz unterschiedliche Partnerschaften notwendig sind, um zu einer effizienten Regulierung globaler Migrationsbewegungen beizutragen.

Aktualisiert am: 11.05.2022

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SERBIEN

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

In Bezug auf die Regulierung globaler Migrationsströme hat Serbien für Deutschland eine zentrale Bedeutung. Seit dem Beginn der Flüchtlingskrise von 2014 bewegt sich ein großer Teil der Flüchtlinge aus Nahost, Zentral- und Südasien über die sogenannte Balkanroute. Deren Hauptstrang führt von der Türkei und Griechenland aus über Bulgarien, Nord Mazedonien und Serbien an die EU-Außengrenze mit Ungarn und Kroatien. Dort erschwert sich der weitere Weg, da vor allem die Regierung in Budapest sehr rigide Grenzkontrollen vornimmt, um eine Einreise ohne gültige Reisedokumente zu verhindern.

MAROKKO

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

Marokko hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Partner Deutschlands in Migrationsfragen entwickelt. Das Königreich hat zum einen eine besondere Rolle innerhalb der Afrikanischen Union (AU) und der internationalen Gemeinschaft übernommen, zum anderen ist es selbst eines der Länder, in der Migration in unterschiedlicher Art und Weise stattfindet. Im Februar 2019 präsentierte Marokko bei der AU eine neue Migrationspolitik für Afrika und stellte die Perspektive der Entwicklung durch Migration in den Vordergrund. Die neue Politik legt besonderen Wert darauf, dass Migration kein Sicherheitsproblem ist, sondern in erster Linie Fluchtursachen zu bekämpfen sind.

NIGER

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

Die instabile Sicherheitslage im gesamten Sahelraum zeigt die Schwäche staatlicher Autoritäten in der Region auf. Auch die Sicherheitskräfte Nigers haben erhebliche Mühe, das Staatsgebiet effektiv zu kontrollieren. Mehrere terroristische Gruppen wie der Islamische Staat oder Boko Haram attackieren regelmäßig Stützpunkte der Streitkräfte des Landes sowie Zivilisten. Niger ist zudem eines der ärmsten Länder der Welt mit einer der höchsten Bevölkerungswachstumsraten (Im Schnitt kriegen Frauen etwa 7 Kinder).

KOLUMBIEN

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

Kolumbien hat im Kontext der Systemkonkurrenz zwischen Russland, China und westlichen Demokratien für Deutschland und Europa als Wertepartner und regionaler Stabilitätsanker erhebliche strategische Bedeutung. Mit Blick auf Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft, Fläche und Ressourcenreichtum zählt das Land zu den wichtigsten Ländern Lateinamerikas.

AFGHANISTAN

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

Als fünftes Land der Region Asien und Pazifik wurde zur Entstehungszeit des Partner-Atlas (2019) Afghanistan gewählt. Die Machtergreifung der Taliban im Sommer 2021 lässt es jedoch derzeit nicht zu, an eine vertiefte Zusammenarbeit mit der neuen Regierung im Bereich Migration zu denken.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird im Rahmen des Regionalprogramms  Südwestasien weiterhin zu Afghanistan arbeiten. Bitte besuchen Sie die Webseite der Abteilung Asien und Pazifik (Konrad-Adenauer-Stiftung – Europäische und Internationale Zusammenarbeit (kas.de)) sowie unsere Social Media Accounts auf Facebook, Twitter, YouTube und Instagram, um die aktuellsten Informationen und Analysen zu erhalten.

PAKISTAN

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

Pakistan ist sowohl Herkunfts- als auch Ziel- und Transitland von Flucht und Migration. In der Region ist Pakistan eines der größten Entsendeländer von Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten. Ihre große Mehrheit (96 Prozent) konzentriert sich auf die Länder des Golfkooperationsrats, darunter vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.