Potenzielle Partner – und was uns mit ihnen verbindet

Afrika südlich der Sahara

Die Bedeutung Afrikas für die deutsche Außenpolitik hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. So war es Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die deutsche G20-Präsidentschaft 2017 nutzte, um den Compact with Africa (CwA) ins Leben zu rufen. Und auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung heißt es: „Die afrikanischen Staaten und Europa sind historisch eng miteinander verbunden. Für die Zukunft streben wir mit Afrika eine enge Partnerschaft auf allen Ebenen an, bilateral und im Rahmen einer kohärenten EU-Afrika-Strategie. Die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union sowie den afrikanischen Regionalorganisationen bauen wir aus. Frieden, Sicherheit, Wohlstand, nachhaltige Entwicklung, Gesundheit, der Einsatz gegen die Folgen der Klimakrise und die Stärkung von Multilateralismus sind Schwerpunkte unserer Zusammenarbeit.“ Die Corona-Krise verstärkte die in Afrika bestehenden Herausforderungen zusätzlich – aufgrund enormer Belastungen der Gesundheitssysteme, der Volkswirtschaften sowie der individuellen Existenzgrundlagen. Fakt ist, dass auf dem Kontinent große Transformationen stattfinden. Zur ganzen Wahrheit gehört dabei auch, dass der geostrategische Aufstieg Chinas, Russlands und der Türkei auf dem Kontinent althergebrachte Konstellationen durcheinanderwirbelt.


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Die Bedeutung Afrikas für die deutsche Außenpolitik hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. So war es Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die deutsche G20-Präsidentschaft 2017 nutzte, um den Compact with Africa (CwA) ins Leben zu rufen. Und auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung heißt es: „Die afrikanischen Staaten und Europa sind historisch eng miteinander verbunden. Für die Zukunft streben wir mit Afrika eine enge Partnerschaft auf allen Ebenen an, bilateral und im Rahmen einer kohärenten EU-Afrika-Strategie. Die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union sowie den afrikanischen Regionalorganisationen bauen wir aus. Frieden, Sicherheit, Wohlstand, nachhaltige Entwicklung, Gesundheit, der Einsatz gegen die Folgen der Klimakrise und die Stärkung von Multilateralismus sind Schwerpunkte unserer Zusammenarbeit. Die Corona-Krise verstärkte die in Afrika bestehenden Herausforderungen zusätzlich – aufgrund enormer Belastungen der Gesundheitssysteme, der Volkswirtschaften sowie der individuellen Existenzgrundlagen. Fakt ist, dass auf dem Kontinent große Transformationen stattfinden. Zur ganzen Wahrheit gehört dabei auch, dass der geostrategische Aufstieg Chinas, Russlands und der Türkei auf dem Kontinent althergebrachte Konstellationen durcheinanderwirbelt.

Für die Identifizierung potenzieller Partner sind die heterogenen Entwicklungen auf dem Nachbarkontinent differenziert zu betrachten. Gewisse Trends sind jedoch erkennbar. Das BMZ zählt 49 afrikanische Nationen zu Subsahara-Afrika. In diesen durch Sprachvielfalt und Traditionsreichtum geprägten Ländern leben mehr als 1 Milliarde Menschen. Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung prognostiziert, dass sich die Einwohnerzahl bis zum Jahr 2050 vermutlich auf mehr als 2,1 Milliarden Menschen verdoppelt. Damit verzeichnet die Region das höchste Bevölkerungswachstum im globalen Vergleich. Die rapide anwachsende Bevölkerung in Subsahara-Afrika ist außerdem nicht nur die jüngste weltweit, sondern verlässt auch vielfach den ländlichen Raum, um in die Städte zu ziehen. Nirgendwo auf der Welt wachsen die urbanen Zentren so schnell wie dort. Dabei ist die ressourcenreiche Weltregion überdurchschnittlich stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen und erleidet die meisten inner- und nichtstaatlichen Kriege. Je nach Interpretation der Statistiken werden zahlreiche afrikanische Länder als ärmste und am wenigsten entwickelte der Welt charakterisiert – aber auch als Staaten, von denen knapp die Hälfte inzwischen zu den Ländern mittleren Einkommens gehört. Von der oftmals prophezeiten „demografischen Dividende“ sind die meisten Länder in Subsahara-Afrika allerdings noch weit entfernt. Die Wachstumsraten afrikanischer Volkswirtschaften waren in der Vor-Corona-Zeit zwar im weltweiten Vergleich zum Teil sehr hoch. Dies bedeutete aber nicht per se inklusives Wachstum, das bei der Bevölkerung auch ankommt. Erst im Zusammenhang mit landesspezifisch divergierenden Faktoren – wie beispielsweise demografischer Entwicklung, institutioneller Stabilität und makroökonomischer Ausrichtung – sind solide Rückschlüsse auf das reale Wachstum möglich. Aktuell muss auch der negative Einfluss von Corona, inkl. der zum Teil dramatischen Kollateralschäden durch die staatlichen Gegenmaßnahmen in die Betrachtung mit einfließen. Basierend auf den heterogenen Kontextfaktoren sind heute deutlich unterschiedliche Entwicklungspotenziale und -hemmnisse der einzelnen Länder zu erwarten. Für die Relevanz der Region Subsahara-Afrika und die Ausgestaltung der potenziellen Zusammenarbeit hat dies verschiedene Implikationen.

Gemessen am Handel ist die Bedeutung der Region im globalen Vergleich eher schwach ausgeprägt. Warenimporte aus Subsahara-Afrika nach Deutschland hatten im Jahr 2021 einen Wert von 17,6 Milliarden Euro. Dies entspricht circa 1,5 Prozent des gesamten Importvolumens. Deutsche Warenexporte nach Subsahara-Afrika betrugen im Jahr 2021 weniger als 13 Milliarden Euro, das heißt 0,9 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren. Etwa 62% davon wurden nach Südafrika geliefert. Die Direktinvestitionen betrugen im Jahr 2020 mit 8,5 Milliarden Euro 0,65 Prozent. Damit sind sie geringer als die deutschen Direktinvestitionen in Irland; auch hier profitiert Südafrika mit 82 Prozent am meisten. Nichtsdestotrotz ist die Zielstellung deutscher Entwicklungspolitik (zumindest unter der alten Bundesregierung), privatwirtschaftliches Engagement und die Förderung von Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung zu stärken, richtig und wichtig. In vielen Ländern Subsahara-Afrikas mangelt es an wirtschaftlicher Diversifizierung. Oftmals können afrikanische Volkswirtschaften mit den demografischen Herausforderungen nicht Schritt halten: Es fehlt an qualitativer Bildung und an Arbeitsplätzen im formellen Sektor. Geringe Anreizmechanismen, bürokratische Hürden, grassierende Korruption, ungenügende Rechtssicherheit, schlechter Zugang zu Kapital und unzureichende Infrastruktur stellen Unternehmer aus dem In- und Ausland sowie die Bevölkerung selbst vor zahlreiche Herausforderungen. An innovativen Ideen fehlt es jedoch nicht; Beispiel dafür sind die lebhaften Gründerszenen, wie sie sich etwa in Ghana und Kenia finden lassen.

Gleichzeitig rückt der Reichtum an natürlichen Ressourcen und Mineralvorkommen in Subsahara-Afrika im Zuge technologischer Entwicklungen zunehmend in den geopolitischen Fokus. In der Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der Diskussion um zu starke Abhängigkeiten Deutschlands von russischem Gas rücken mit Blick auf eine mögliche übergroße Abhängigkeit von China auch die Beziehungen Deutschlands zu Afrika in den Fokus. Denn zum einen ist China dort mittlerweile ein überaus zentraler Akteur; und zum anderen liegen in Subsahara Afrika ganz wesentliche strategische Rohstoffe, die für die Energie- und Mobilitätswende dringend benötigt werden. Südafrika zum Beispiel verfügt über diverse Metalle und Mineralien, die für die Elektromobilität relevant sind. Die DR Kongo gehört zu den rohstoffreichsten Gebieten der Welt. Im Osten des Landes wird ein Großteil der weltweiten Coltan-Vorkommen vermutet, die eine wichtige Rolle für die Produktion von Mobiltelefonen und Computern spielen. Auch Kobalt als wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Batterien sind dort zu finden. Im Kongo-Becken befindet sich außerdem das zweitgrößte Regenwaldgebiet der Welt, das für die Holzwirtschaft von großer Bedeutung ist. Jedoch ist es durch illegale und nicht-nachhaltige Abholzung, etwa zugunsten des Bergbaus, bedroht. Dies hat auch Auswirkungen auf die Stabilisierung des globalen Klimas, da das Gebiet als wichtiger natürlicher Kohlenstoffspeicher fungiert. Auf dem afrikanischen Kontinent, der im globalen Vergleich relativ wenig Treibhausgase emittiert, verursacht Südafrika mit Abstand die meisten CO2-Emissionen, verfolgt jedoch auch ehrgeizige Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien und bietet damit deutschen Unternehmen in diesem Sektor herausragende Investitionsmöglichkeiten.

Klimawandelbedingte Existenzbedrohungen, zum Beispiel in der Tschadseeregion, Dürren und Lieferengpässe für Weizen und Soja (z.B. durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine) sowie schwache staatliche Autorität befördern nicht nur die Ausbreitung terroristischer Gruppen, wie des Islamischen Staates, von Boko Haram und Al-Shabaab. Sie führen darüber hinaus nicht selten zu massenhafter Binnenmigration und bedingen die zunehmende Destabilisierung großer Gebiete in Subsahara-Afrika. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die innerafrikanische Sicherheitslage und in der Folge möglicherweise auch auf die Stabilität Europas. Deutschland als integraler Bestandteil der EU, der NATO und weiterer multilateraler Bündnisse ist hier gefordert: Dies betrifft sowohl die Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität als auch die Minderung von Fluchtursachen und die Regulierung illegaler Migrationsströme.

Den konzeptionellen Schirm der deutschen Afrikapolitik bilden nach wie vor die afrikapolitischen Leitlinien der alten Bundesregierung, wobei die neue Regierung derzeit an einer entsprechenden Aktualisierung dieser Politik auf der Grundlage des eingangs zitierten Koalitionsvertrags arbeitet. An dem Ziel einer vertieften Partnerschaft mit Afrika inklusive der Übernahme von Eigeninitiative und Eigenverantwortung soll aber festgehalten werden. Ob es der neuen Bundesregierung dabei besser gelingt als der alten eine kohärente und zwischen den Ministerien abgestimmte und in den europäischen und multilateralen Kontext eingebettete Afrikapolitik zu betreiben, bleibt abzuwarten. In der Vergangenheit kritisierten erfahrene Akteure immer wieder eine institutionelle und thematische Zersplitterung und forderten mehr Stringenz und strategische Koordinierung. 

Deutschland und die afrikanischen Länder haben sich – im Vertrag über die Europäische Union (EUV) respektive in der Agenda 2063 der Afrikanischen Union (AU) – einer regelbasierten Weltordnung und dem multilateralen System mit den Vereinten Nationen (VN) als zentralem Element verpflichtet. International vereinbarte Ziele und Abkommen wie die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bilden eine wesentliche Richtschnur. Grundlegende Werte sind aus europäischer Perspektive die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich Minderheitenrechte. Für eine echte Wertepartnerschaft sind damit Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit und Solidarität im Normengefüge potenzieller Partnerländer ganz entscheidende Bedingungen.

Der bereits erwähnte Compact with Africa (CwA) bildet ein zentrales Element der bilateralen deutschen Afrikapolitik. Die Initiative unterstützt Reformprogramme zur Generierung von Wachstum und Beschäftigung in mittlerweile zwölf CwA-Partnerländern: Marokko, Tunesien und Ägypten (in Nordafrika) sowie Senegal, Guinea, Côte d’Ivoire, Burkina Faso, Ghana, Togo, Benin, Äthiopien und Ruanda (in Subsahara-Afrika). Unterstützend stehen die noch in der letzten Legislaturperiode aufgelegten Entwicklungsinvestitionsfonds des BMZ (AfricaConnect und AfricaGrow) und des BMWK (Wirtschaftsnetzwerk Afrika) im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro zur Förderung privater Investitionen bereit. Das BMZ stellt mittels der Sonderinitiative Ausbildung und Beschäftigung zudem weitere Mittel für Ausbildungs- und Jobpartnerschaften, beispielsweise im Textilsektor in Ghana, zur Verfügung. Im Rahmen des Marshallplans mit Afrika ermöglicht das BMZ Mitgliedsländern des CwA sogenannte Reformpartnerschaften. Voraussetzungen für die Auswahl sind demokratische und rechtsstaatliche Reformen im Land. Reformpartnerschaften bestehen aktuell in Subsahara-Afrika mit Äthiopien, Côte d’Ivoire, Ghana, Senegal und Togo (in Nordafrika kommen noch Marokko und Tunesien hinzu). Darüber hinaus werden vom BMWK Instrumente zum Aufbau von Partnerschaften im Bereich Digitalisierung und Innovation sowie eine starke Außenwirtschaftsförderung unterstützt. Im Rahmen der Risikoabsicherung für Exporte und Investitionen ist das BMWK zudem federführend an der Ausgestaltung und Gewährung von staatlichen Exportkreditgarantien für Lieferungen und Leistungen (Hermesdeckungen) sowie Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen beteiligt. Hierbei bestehen für CwA-Länder besondere Anreize. 

Zur Förderung des Handels stehen im Rahmen der europäischen Handelspolitik verschiedene Instrumente zur Verfügung. Zum einen die grundsätzlich auf Gegenseitigkeit beruhenden Handelsabkommen (wie die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, EPAs) sowie einseitige allgemeine Präferenzsysteme für Zollermäßigungen (wie die Initiative Alles außer Waffen zur Verfügung). Verhandlungen über EPAs in Westafrika führten bislang zu Abkommen mit Côte d’Ivoire und Ghana und zu einem zur Ratifizierung stehenden regionalen EPA. Als einziges zentralafrikanisches Land hat Kamerun ein EPA ratifiziert, dessen Ausgestaltung noch diskutiert wird. Im östlichen und südlichen Afrika bestehen EPAs mit Mauritius, Madagaskar, den Seychellen und Simbabwe. Darüber hinaus wurde ein EPA mit der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) abgeschlossen. Ein regionales EPA mit der ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) wurde bislang nur von Kenia ratifiziert. Um ein Fortkommen im derzeitigen Prozess zu ermöglichen, haben im Februar 2022 Verhandlungen mit Kenia über ein Interim-EPA begonnen. Allerdings ist festzuhalten, dass Deutschland noch keines der abgeschlossenen EPAs ratifiziert hat; z.T. sind die verhandelten EPAs jedoch in „vorläufiger Anwendung“. Im Jahr 2019 trat darüber hinaus die transkontinentale Afrikanische Freihandelszone (AfCFTA) formell in Kraft, deren konkrete Ausgestaltung jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Partiell sind etwa noch Zolltarife und Ursprungsregeln zu verhandeln. Nichtsdestotrotz hat der Handel nach bereits bestehenden AfCFTA-Regeln zum 01. Januar 2021 begonnen.

Eingebettet in die international vereinbarten SDGs und das Pariser Klimaabkommen stehen verschiedene Instrumente zum Ressourcenschutz sowie zur Mitigation und Adaption bereit. Die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) bildet ein zentrales Förderprogramm des BMU im Rahmen der Finanzierungszusagen Deutschlands für die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und die Biodiversitätskonvention (CBD). Aktuell werden dadurch mehr als 90 Projekte zur Minderung von Treibhausgasemissionen, Anpassung an die Folgen des Klimawandels, zum Erhalt natürlicher Kohlenstoffsenken und Schutz der biologischen Vielfalt in Subsahara-Afrika gefördert, zum Beispiel in Ghana, Kenia, Namibia und Südafrika. Weitere Initiativen des BMU beinhalten die West- und Ostafrikanische Allianz für Kohlenstoffmärkte und Klimafinanzierung, an der sich etwa Tansania beteiligt, und das Partnership for Market Readiness and Implementation-Programm zur Einführung von CO2-Preisinstrumenten in Südafrika. Das BMWK pflegt mit Südafrika zudem eine Energiepartnerschaft und Afrika ist außerdem der Schwerpunktkontinent des BMZ-Engagements im Energiebereich. Ausdruck dessen ist beispielsweise die Initiative Grüne Bürgerenergie für Afrika zum Aufbau dezentraler Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien. Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien finden etwa in Benin, Mosambik und Senegal statt. Auf dem EU-Afrika Gipfel in Brüssel im Februar 2022 wurde von den Staats- und Regierungschefs der EU bereits angekündigt, dass auf Basis des European Green Deal erhebliche zusätzliche Mittel für Klima- und Energieinitiativen in Afrika bereitgestellt werden.

Innenpolitische Krisen, Konflikte und terroristische Aktivitäten in Ländern wie Nigeria, Mali, Kamerun und der Region der Großen Seen sowie kriminelle Gefährdungspotenziale, zum Beispiel durch Piraterie im Golf von Guinea, stellen Afrika, aber auch Europa und andere Weltregionen vor immense Herausforderungen. Diese können nur gemeinsam gelöst werden. Deutsche Außenpolitik ist in den VN und der EU verankert. Die Bundeswehr ist fester Bestandteil deutscher Sicherheitspolitik und engagiert sich in Subsahara-Afrika in verschiedenen Missionen für Sicherheit, Stabilität und Frieden. Dazu zählen beispielsweise die Europäische Trainingsmission (EUTM), die nach Mai 2022 nicht mehr in Mali, sondern nur noch in Niger durch die Bundeswehr unterstützt wird, die VN-Stabilisierungsmission (MINUSMA) in Mali oder die Mission UNMISS im Südsudan. Nigeria bildet nach der Reduzierung des Engagements in Mali (aufgrund der beiden Putsche und des Engagements von russischen Wagner-Söldnern) den Schwerpunkt der im Jahr 2016 von der alten Bundesregierung begonnenen Ertüchtigungsinitiative. Diese wird von BMVg und AA umgesetzt und beinhaltet zivile oder militärische Maßnahmen der Krisenprävention, -bewältigung und -nachsorge. Zur Stärkung der regionalen Zusammenarbeit und im Kampf gegen Terrorismus, Menschenhandel und -schmuggel unterstützt Deutschland außerdem den G5-Sahel-Bund, bestehend aus Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad. Gemeinsam mit weiteren europäischen Staaten und internationalen Organisationen bildet die Bundesrepublik die sogenannte Sahel-Allianz für Sicherheit, Stabilisierung, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Diese wurde von Deutschland, Frankreich und der EU im Jahr 2017 gegründet, um zur verbesserten Koordinierung der zahlreichen Initiativen in der Region beizutragen.

Es ist derzeit (Mai 2022) noch nicht wirklich absehbar, ob der Richtungswechsel, der unter der vorherigen Bundesregierung vollzogen wurde und den Weg von klassischer Entwicklungshilfe hin zu einer partnerschaftlich ausgerichteten Entwicklungszusammenarbeit wies, fortgesetzt werden wird. Die damit verbundene, gezielte Förderung der Privatwirtschaft, die die Idee des Unternehmertums und das Prinzip der Eigenverantwortung in den Fokus rückte, war für die deutsch-afrikanische Zusammenarbeit auf jeden Fall ein großer Gewinn.

Für die langfristige Erfolgsgenerierung bedarf es im besten Falle jedoch noch mehr: nämlich funktionierender staatlicher Strukturen und verlässlicher Akteure, die Entwicklungshemmnisse wie Korruption, Misswirtschaft und Willkür nicht dulden sowie gute Regierungsführung als Grundvoraussetzung nachhaltiger Entwicklung erkennen. Dass die Existenz von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und einer marktwirtschaftlichen Ordnung die beste Voraussetzung für inklusives Wachstum sind, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass manchmal auch Zwischenschritte dorthin akzeptiert und unterstützt werden müssen. Dies sollte auch in der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik stärker Ausdruck finden. Als Land mit stabilen demokratischen Verhältnissen und einer reformorientierten Wirtschaftspolitik ist zum Beispiel Ghana ein sehr geeigneter Partner. Die hohe Zahl an Enthaltungen bzw. von Abwesenheiten afrikanischer Staaten bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung zur Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine (17 bzw. 8, im Gegensatz zu 28 Stimmen dafür) hat sehr deutlich gemacht, dass es ein politisches Ziel von Bundesregierung und EU sein muss, sich noch intensiver als bisher mit den Befindlichkeiten auch der afrikanischen Staaten zu befassen. Gerade in der sich abzeichnenden neuen geopolitischen Rivalität zwischen den Staaten, die sich mit uns für eine regelbasierte Ordnung einsetzen wollen auf der einen und denjenigen Staaten, die diese Ordnung grundsätzlich verändern oder gar zerstören wollen, auf der anderen Seite, wird es für unsere Position vor allem auch auf die Staaten Afrikas ankommen. 

Südafrika verfügt über die intensivsten Handelsbeziehungen mit Deutschland und zeigt sich immer wieder als verlässlicher Partner. Um die im globalen Vergleich dennoch relativ schwachen Handelsbeziehungen auszubauen und notwendige wirtschaftliche Transformationsprozesse anzustoßen, sind die Schaffung von Anreizstrukturen und institutionellen Rahmenbedingungen (etwa die Formalisierung des großen informellen Sektors und der Subventionsabbau) sowie die Förderung von Prinzipien wie Solidarität und Subsidiarität essenziell. Innovationspotenzial ist bereits vielerorts vorhanden. Kenia beispielsweise zeichnet sich durch eine auf Export ausgerichtete Agrarindustrie und eine lebhafte Start-up-Szene aus. Das in Kenia entwickelte mobile Bezahlsystem M-Pesa hat sich mittlerweile in vielen afrikanischen Ländern etabliert. Auf dem Kontinent wächst die Informations- und Telekommunikationsbranche rasant. Auch in Ghana boomt die Gründerszene. Langfristig gesehen könnte sich Subsahara-Afrika – gerade im Nachgang zum „Ukraine-Konflikt“ und den damit ausgelösten Sorgen vor zu großer Abhängigkeit von einzelnen Staaten wie Russland oder auch China – zudem zu einem wichtigen Absatzmarkt entwickeln. Das Thema Demografie ist dabei stärker in den Blick zu nehmen. Zur Stärkung der Resilienz afrikanischer Volkswirtschaften als Beitrag zur Stabilität in der Region sollte Deutschland sich auf europäischer Ebene für Handelsabkommen mit afrikanischen Ländern einsetzen, die mitunter von Fragmentierung und Diskrepanz gezeichneten afrikanischen Regionalorganisationen wie ECOWAS, EAC und SADC stärken und die Umsetzung der AfCFTA weiter konstruktiv begleiten.

Um die enormen sicherheitspolitischen Bedrohungen für die Region und Europa einzudämmen, ist Nigeria mit seiner diplomatischen und wirtschaftlichen Schlagkraft, als ECOWAS-Sitz sowie als eines der Schwerpunktländer der Ertüchtigungsinitiative ein wichtiger Akteur und potenzieller Partner. Zur Stärkung effektiver und effizienter Präsenz und Handlungsfähigkeit von Staat und Sicherheitsakteuren kommt dem Auf- und Ausbau staatlicher Strukturen und der Ertüchtigungsinitiative eine wichtige Bedeutung zu. Auch Niger und die weiteren Sahelstaaten, die einerseits Transitländer für die Migration aus Westafrika und andererseits Betroffene des islamistischen Terrorismus sowie existenzieller Klimawandelfolgen sind, gelten als wichtiger Partner für die deutsche Außenpolitik.

Zudem bietet die besondere Aufmerksamkeit, die den Themen Klimaschutz, grüner Transformation und nachhaltiger Energieversorgung auf europäischer Ebene gewidmet wird, Deutschland die Chance, auch Partnerschaften in diesen Bereichen auszubauen. Südafrika gilt hier als erfahrener Partner, mit dem bereits viel Know-how ausgetauscht wurde. Aber auch die DR Kongo mit erheblicher Biodiversität und Kenia mit dem Sitz des Umweltprogramms der VN sind beispielsweise potenzielle Partner.

Anknüpfungspunkte sowohl auf instrumenteller als auch institutioneller Ebene gibt es viele. Deutschland hat die Chance, sich auf der Suche nach Verbündeten zur Stärkung von Partnerschaften zu positionieren und die strategische Ausrichtung der deutschen Afrikapolitik weiter zu schärfen.

Dr. Stefanie Brinkelleitet seit dem 01. September 2021 das KAS-Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika (PDWA). Zuvor war sie Referentin „Zentralafrika, EWoH und Klima“ in der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit.

Dr. Stefan Friedrich ist Leiter der Abteilung Subsahara-Afrika in der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit. (Aktualisierung vom 20.5.2022).

Aktualisiert am: 20.05.2022

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CÔTE D'IVOIRE

Als Partner für die Wahrung unseres Wohlstands durch freien Handel und Innovation

Côte d‘Ivoire gilt als politischer und wirtschaftlicher Stabilitätsanker in Westafrika. Während es ab Mai 2021 innerhalb von nur acht Monaten zu drei Militärputschen in den Nachbarstaaten Guinea, Mali und Burkina Faso kam, ist es in Côte d’Ivoire ruhig geblieben. Der rohstoffreiche Hub am Golf von Guinea verzeichnet seit 2012 ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum, das mit regelmäßigen Werten von mehr als 6 Prozent deutlich über dem ebenfalls hohen Bevölkerungswachstum von etwa 2,5 Prozent pro Jahr liegt. Lebten im Jahr 2000 noch 16,5 Millionen Menschen in Côte d’Ivoire, so waren es 20 Jahre später bereits 26 Millionen.

CÔTE D'IVOIRE

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Mit ihrem sicherheitspolitischen Engagement in Westafrika fokussiert sich die deutsche Außenpolitik seit Jahren auf Mali und seine Nachbarstaaten – auch bekannt als Sahel-Region, deren Stabilität durch die räumliche Nähe zu Europa für Frieden und Sicherheit hierzulande unmittelbar relevant ist. Dennoch sollte der geografische Blick geweitet werden, denn Dschihadismus, ethnische Konflikte und organisierte Kriminalität breiten sich verstärkt in ganz Westafrika aus. Dadurch sind vor allem die südlichen Nachbarländer der Sahel-Staaten, wie Côte d’Ivoire, in ihrer politischen und wirtschaftlichen Stabilität bedroht. Côte d’Ivoire ist für Deutschland ein wichtiger westafrikanischer Partner im Bereich des Handels und der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Dies äußert sich nicht zuletzt in der Reformpartnerschaft, welche Deutschland seit 2017 mit dem Staat unterhält.

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Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) verfügt über verschiedene Ressourcen, welche für die Begrenzung der Erderwärmung, aber auch für die globale Energie- und Mobilitätswende eine herausragende Rolle spielen (werden). Mit rund 100 Millionen Hektar befindet sich die weltweit zweitgrößte Regenwaldfläche in der DR Kongo. Tropische Ökosysteme wie der kongolesische Regenwald sind in der Lage, CO2 zu speichern, und spielen somit eine wichtige Rolle für den weltweiten Klimaschutz und die Begrenzung der globalen Erderwärmung. Auf Mikroebene können Waldflächen zudem das Auftreten von extremen Wetterereignissen wie Hitze oder Starkregen verringern.

GHANA

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Nicht nur die Bereitschaft Ghanas, sich auf Reformen im wirtschafts- und finanzpolitischen Sektor einzulassen, auch die vor allem im Vergleich zu vielen anderen Subsahara-Afrika-Ländern relativ stabilen Rahmenbedingungen ließen aus Sicht der G20 und speziell Deutschlands (bei der Reformpartnerschaft) Ghana zu einem interessanten Partner werden.

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Kenia ist einer der stabilsten Staaten Ostafrikas und eine international ausgerichtete Marktwirtschaft. Als größte Volkswirtschaft in Ostafrika ist Kenia ein Wachstumsmotor für die Region. Auch dank der Häfen Mombasa und Lamu sowie des Flughafens in Nairobi ist das Land ein wichtiger regionaler Hub im Handel, im Finanzwesen und Transport. Viele internationale Unternehmen und Organisationen haben Kenia als Sitz ihrer (Ost)Afrika-Niederlassungen gewählt.

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NIGERIA

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Mit etwa 216 Millionen Einwohnern ist Nigeria nicht nur das bevölkerungsreichte Land Afrikas, sondern auch seit einigen Jahren die größte Volkswirtschaft des Kontinents. Das Land ist reich an Öl- und Gasvorkommen und zählt zu den größten Erdölexporteuren der Welt. Dennoch steht Nigeria vor immensen Sicherheits- und Wirtschaftsproblemen, die infolge der Corona-Pandemie größer geworden sind.

SÜDAFRIKA

Als Partner für die Sicherung wichtiger Ressourcen und der Schutz des Klimas

Um dem Klimawandel ein Ende zu setzten braucht die Welt Afrika – dies betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen anlässlich des EU-Afrika Gipfels Anfang 2022. Südafrika, die entwickelteste Volkswirtschaft des Kontinents, verfolgt in diesem Bereich ehrgeizige Ziele, welche in Deutschland ähnlich debattiert werden, so zum Beispiel die drastische Minderung des CO2-Ausstoßes und die Verringerung der massiven Abhängigkeit von Kohle. Unwägbar sind jedoch die diversen Vetospieler in der südafrikanischen Politik.