PARTNER-ATLAS

NIGER

Als Partner für die Regulierung globaler Migrationsströme

01 — Die Leitfragen zum Partner-Atlas

RELEVANZ: Welche Relevanz hat Niger für Deutschland, wenn es darum geht, das Interesse "Die Regulierung globaler Migrationsströme" zu verwirklichen?

Die instabile Sicherheitslage im gesamten Sahelraum zeigt die Schwäche staatlicher Autoritäten in der Region auf. Auch die Sicherheitskräfte Nigers haben erhebliche Mühe, das Staatsgebiet effektiv zu kontrollieren. Mehrere terroristische Gruppen wie der Islamische Staat oder Boko Haram attackieren regelmäßig Stützpunkte der Streitkräfte des Landes sowie Zivilisten. Niger ist zudem eines der ärmsten Länder der Welt mit einer der höchsten Bevölkerungswachstumsraten (Im Schnitt kriegen Frauen etwa 7 Kinder). Es kämpft mit zahlreichen Governance-Problemen, unter anderem werden regelmäßig Korruptionsvorwürfe gegenüber Regierungsvertretern oder Beamten laut. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Demonstrationen gegen die grassierende Korruption und schlechte Regierungsführung. Gleichwohl ist Niger mit den letzten Wahlen 2020/21 erstmals der Übergang von einem gewählten Präsidenten zu einem anderen gewählten Nachfolger, Mohamed Bazoum, gelungen. Bisher war das Land durch zahlreiche militärische Umstürze geprägt.

Niger ist ein wichtiges Transitland für Migranten aus Afrika in Richtung der Mittelmeerküste. Die sogenannte zentrale Mittelmeeroute führt – vor allem über die nigrische Stadt Agadez – in Richtung der algerischen und libyschen Grenze und weiter an die Küste des Mittelmeers. Zahlreiche Nigrer beteiligen sich am Transport von Migranten durch die Sahara, eine Tätigkeit, die gleichermaßen lukrativ für die Schleuser wie gefährlich für die Migranten ist. Darüber hinaus ist Niger auch Durchgangsland für Rückkehrer aus Libyen oder für aus Algerien ausgewiesene afrikanische Migranten. Deutschland wie die EU insgesamt haben ein erhebliches Interesse, Niger als eine der Drehscheiben der afrikanischen Migration bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen sowie illegale Migrationsströme möglichst nahe ihres Ursprungs zu unterbinden.

BEREITSCHAFT: Wie groß ist die Bereitschaft Nigers, mit Deutschland zur Verwirklichung dieses Interesses zusammenzuarbeiten?

Niger hat sich in den letzten Jahren in vielen Politikfeldern als verlässlicher Partner Deutschlands und der EU erwiesen. Die nigrische Regierung engagierte sich bereits unter dem letzten Präsidenten Issoufou im Kampf gegen illegale Migrationsströme und war bereit, gegen Schleusernetzwerke im eigenen Land vorzugehen. Dies zeigte sich etwa durch die Verabschiedung eines überaus strengen Gesetzes im Jahr 2015, das den Menschenschmuggel mit hohen Strafandrohungen (bis zu 30 Jahre Gefängnis) unterbinden soll. Niger setzt dies auch konsequent durch und geht gegen illegale Migration vor, zahlreiche Fahrzeuge von Schleusern wurden beschlagnahmt.
Die Position der Regierung ist in großen Teilen der nigrischen Bevölkerung jedoch nicht populär, vor allem in der Region Agadez herrscht offene Kritik an diesem Vorgehen. So ist denn zu unterscheiden zwischen einer in großen Teilen kooperationsbereiten Regierung und Teilen der Bevölkerung (vor allem des Nordens), die in dem Transport von Migranten eine lukrative Einnahmequelle verliert und auch der Migrationspolitik der eigenen Regierung teilweise kritisch gegenüberstehen.

STATUS QUO: Wie eng ist die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Niger aktuell in diesem Bereich?

Niger wird als verlässlicher Partner Deutschlands betrachtet. Präsident Mohamed Bazoum war Anfang Juli 2021 zu einem Besuch in Berlin, um die „exzellente“ Qualität der Beziehungen beider Länder zu unterstreichen. Sein Vorgänger Issoufou hatte sich bereits mehrfach mit der damaligen Bundeskanzlerin Merkel getroffen.

Bei der Regulierung von Migrationsströmen wird das Transitland Niger durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen unterstützt. Wichtig ist dabei hervorzuheben, dass Niger – als eines der ärmsten Länder der Welt und mit Blick auf die erheblichen sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Region – auf eine starke entwicklungs- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit angewiesen ist, auch unabhängig von der Migrationsthematik. So hat auch die Verschlechterung der Sicherheitslage im Sahelraum seit 2013 zu einer Ausweitung des internationalen Engagements insgesamt beigetragen. Denn eine weitere Destabilisierung der Region hätte auch negative Auswirkungen auf die westafrikanischen Nachbarstaaten des Sahel.

Die bilaterale Zusammenarbeit mit Deutschland versteht sich als ein Teil dieses Gesamtengagements der internationalen Gemeinschaft. Deutschland hat sein entwicklungspolitisches Engagement zuletzt erheblich ausgeweitet. So wurden Niger für den Zeitraum 2018 bis 2020 insgesamt mehr als 115 Millionen Euro zugesagt, nahezu doppelt so viel wie in der Periode 2014 bis 2017. Deutschland unterstützt beispielsweise Projekte in der Region Agadez, die den Menschen Erwerbsperspektiven außerhalb des Menschenschmuggels eröffnen sollen. Niger ist zudem eines der Schwerpunktländer der EU-Migrationspartnerschaft. Als wichtiger Akteur vor Ort unterstützt die Organisation für Migration (IOM) rückkehrwillige Migranten und verfügt über eine landesweite Präsenz. Der OIM ist es zudem im Verbund mit den nigrischen Behörden gelungen, Tausende von Migranten auf den gefährlichen Routen zu retten.

POTENZIAL: Wie groß ist das Potenzial, die Partnerschaft zwischen Deutschland und Niger in diesem Bereich zu intensivieren?

Die nigrische Regierung ist vor dem Hintergrund der eigenen immensen Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit und Entwicklung an einer Ausweitung der Zusammenarbeit interessiert. Das Land hat sich anders als Nachbarn wie Mali gegen eine Zusammenarbeit mit Russland ausgesprochen und setzt auf den Westen. Auch Deutschland hat nicht allein mit Blick auf das Thema Migration, sondern auch aufgrund der möglichen Folgen einer weiteren Destabilisierung des Sahel für ganz Westafrika (etwa Gefährdungen durch Terrorismus und Organisierte Kriminalität) ein starkes Interesse an einer intensiven Kooperation. Sowohl Niger als auch Deutschland teilen damit das Interesse, die Länder der Sahelregion zu stabilisieren.

Mit Blick auf die bedrohliche Sicherheitslage besteht etwa Potenzial in einer verstärkten Unterstützung staatlicher Strukturen, wie im Sicherheitsbereich durch Maßnahmen der deutschen Ertüchtigungsinitiative. Ebenso bietet der konstruktive Ansatz der nigrischen Regierung Anknüpfungspunkte für eine Kooperation auch in anderen Zusammenhängen wie etwa in den Vereinten Nationen.

POLITIKEMPFEHLUNG: Was muss sich in der deutschen Außenpolitik ändern, damit dieses Potenzial vollumfänglich ausgeschöpft werden kann?

Als ein Instrument der deutschen Unterstützung sollten daher bereits bestehende Maßnahmen der Ertüchtigung der nigrischen Sicherheitskräfte (Streitkräfte, Polizei, Gendarmerie) ausgeweitet werden. Zudem sollten auch andere Kernfunktionen des nigrischen Staats gestärkt werden (wie Justiz, Territorialverwaltung). Denn um auch weiterhin einen nachhaltigen Beitrag zur Regulierung von Migrationsströmen leisten zu können, muss Niger in die Lage versetzt werden, die Sicherheitslage im Land zu verbessern und Fortschritte im Bereich der Entwicklung zu machen. Ohne eine effektive und effiziente staatliche Präsenz in der Fläche wird beides nicht möglich sein.

Ulf Laessing leitet das KAS-Regionalprogramm Sahel.

Aktualisiert am 18.05.2022

NIGER

  • Population: 24.206.644
  • Capital: Niamey
  • Interesse: Die Regulierung globaler Migrationsströme
  • Region: Afrika südlich der Sahara

04 — Die Region

Afrika südlich der Sahara

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CÔTE D'IVOIRE

Côte d‘Ivoire gilt als politischer und wirtschaftlicher Stabilitätsanker in Westafrika. Während es ab Mai 2021 innerhalb von nur acht Monaten zu drei Militärputschen in den Nachbarstaaten Guinea, Mali und Burkina Faso kam, ist es in Côte d’Ivoire ruhig geblieben. Der rohstoffreiche Hub am Golf von Guinea verzeichnet seit 2012 ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum, das mit regelmäßigen Werten von mehr als 6 Prozent deutlich über dem ebenfalls hohen Bevölkerungswachstum von etwa 2,5 Prozent pro Jahr liegt. Lebten im Jahr 2000 noch 16,5 Millionen Menschen in Côte d’Ivoire, so waren es 20 Jahre später bereits 26 Millionen.

  • Population: 27.712.600
  • Capital: Yamoussoukro
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DR KONGO

Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) verfügt über verschiedene Ressourcen, welche für die Begrenzung der Erderwärmung, aber auch für die globale Energie- und Mobilitätswende eine herausragende Rolle spielen (werden). Mit rund 100 Millionen Hektar befindet sich die weltweit zweitgrößte Regenwaldfläche in der DR Kongo. Tropische Ökosysteme wie der kongolesische Regenwald sind in der Lage, CO2 zu speichern, und spielen somit eine wichtige Rolle für den weltweiten Klimaschutz und die Begrenzung der globalen Erderwärmung. Auf Mikroebene können Waldflächen zudem das Auftreten von extremen Wetterereignissen wie Hitze oder Starkregen verringern.

  • Population: 95.403.294
  • Capital: Kinshasa
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MALAWI

Malawi hat bewiesen, dass es als Beispiel für eine funktionierende Demokratie in Afrika gelten und ein Partner für Deutschland sein kann, wenn es um die Verteidigung einer demokratischen, wertebasierten Weltordnung geht. 2020 schrieb Malawi Geschichte, als die von Unregelmäßigkeiten überschatteten Wahlen vom Mai 2019 erfolgreich durch die Opposition angefochten wurden.

  • Population: 20.150.838
  • Capital: Lilongwe
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CÔTE D'IVOIRE

Mit ihrem sicherheitspolitischen Engagement in Westafrika fokussiert sich die deutsche Außenpolitik seit Jahren auf Mali und seine Nachbarstaaten – auch bekannt als Sahel-Region, deren Stabilität durch die räumliche Nähe zu Europa für Frieden und Sicherheit hierzulande unmittelbar relevant ist. Dennoch sollte der geografische Blick geweitet werden, denn Dschihadismus, ethnische Konflikte und organisierte Kriminalität breiten sich verstärkt in ganz Westafrika aus. Dadurch sind vor allem die südlichen Nachbarländer der Sahel-Staaten, wie Côte d’Ivoire, in ihrer politischen und wirtschaftlichen Stabilität bedroht. Côte d’Ivoire ist für Deutschland ein wichtiger westafrikanischer Partner im Bereich des Handels und der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Dies äußert sich nicht zuletzt in der Reformpartnerschaft, welche Deutschland seit 2017 mit dem Staat unterhält.

  • Population: 27.712.600
  • Capital: Yamoussoukro
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SÜDAFRIKA

Um dem Klimawandel ein Ende zu setzten braucht die Welt Afrika – dies betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen anlässlich des EU-Afrika Gipfels Anfang 2022. Südafrika, die entwickelteste Volkswirtschaft des Kontinents, verfolgt in diesem Bereich ehrgeizige Ziele, welche in Deutschland ähnlich debattiert werden, so zum Beispiel die drastische Minderung des CO2-Ausstoßes und die Verringerung der massiven Abhängigkeit von Kohle. Unwägbar sind jedoch die diversen Vetospieler in der südafrikanischen Politik.

  • Population: 59.308.690
  • Capital: Bloemfontein, Kapstadt, Pretoria
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KENIA

Kenia ist einer der stabilsten Staaten Ostafrikas und eine international ausgerichtete Marktwirtschaft. Als größte Volkswirtschaft in Ostafrika ist Kenia ein Wachstumsmotor für die Region. Auch dank der Häfen Mombasa und Lamu sowie des Flughafens in Nairobi ist das Land ein wichtiger regionaler Hub im Handel, im Finanzwesen und Transport. Viele internationale Unternehmen und Organisationen haben Kenia als Sitz ihrer (Ost)Afrika-Niederlassungen gewählt.

  • Population: 53.771.296
  • Capital: Nairobi
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GHANA

Nicht nur die Bereitschaft Ghanas, sich auf Reformen im wirtschafts- und finanzpolitischen Sektor einzulassen, auch die vor allem im Vergleich zu vielen anderen Subsahara-Afrika-Ländern relativ stabilen Rahmenbedingungen ließen aus Sicht der G20 und speziell Deutschlands (bei der Reformpartnerschaft) Ghana zu einem interessanten Partner werden.

  • Population: 31.072.940
  • Capital: Accra
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NIGERIA

Mit etwa 216 Millionen Einwohnern ist Nigeria nicht nur das bevölkerungsreichte Land Afrikas, sondern auch seit einigen Jahren die größte Volkswirtschaft des Kontinents. Das Land ist reich an Öl- und Gasvorkommen und zählt zu den größten Erdölexporteuren der Welt. Dennoch steht Nigeria vor immensen Sicherheits- und Wirtschaftsproblemen, die infolge der Corona-Pandemie größer geworden sind. Diese könnten mittel- bis langfristig die gesamte Region weiter destabilisieren und Europa vor große Herausforderungen stellen. Letzteres betrifft sowohl das europäische Interesse, die Staaten des Sahel bei ihrem Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen, als auch irreguläre Migration aus Afrika zu unterbinden.

  • Population: 206.139.589
  • Capital: Abuja
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NIGER

Die instabile Sicherheitslage im gesamten Sahelraum zeigt die Schwäche staatlicher Autoritäten in der Region auf. Auch die Sicherheitskräfte Nigers haben erhebliche Mühe, das Staatsgebiet effektiv zu kontrollieren. Mehrere terroristische Gruppen wie der Islamische Staat oder Boko Haram attackieren regelmäßig Stützpunkte der Streitkräfte des Landes sowie Zivilisten. Niger ist zudem eines der ärmsten Länder der Welt mit einer der höchsten Bevölkerungswachstumsraten (Im Schnitt kriegen Frauen etwa 7 Kinder). Es kämpft mit zahlreichen Governance-Problemen, unter anderem werden regelmäßig Korruptionsvorwürfe gegenüber Regierungsvertretern oder Beamten laut. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Demonstrationen gegen die grassierende Korruption und schlechte Regierungsführung. Gleichwohl ist Niger mit den letzten Wahlen 2020/21 erstmals der Übergang von einem gewählten Präsidenten zu einem anderen gewählten Nachfolger, Mohamed Bazoum, gelungen. Bisher war das Land durch zahlreiche militärische Umstürze geprägt.

  • Population: 24.206.644
  • Capital: Niamey
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