PARTNER-ATLAS

GHANA

Als Partner für die Stärkung einer werte- und regelbasierten Weltordnung

01 — Die Leitfragen zum Partner-Atlas

RELEVANZ: Welche Relevanz hat Ghana für Deutschland, wenn es darum geht, das Interesse "Die Stärkung einer werte- und regelbasierten Weltordnung" zu verwirklichen?

Gemessen an seiner relativ geringen Größe von 238.000 Quadratkilometern (Deutschland: 357.000) mit circa 30 Millionen Einwohnern hat Ghana eine immer größer werdende Relevanz für Deutschland. Das lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass Ghana 2017 in den Kreis „Compact with Africa“ aufgenommen wurde sowie im selben Jahr eines der Reformpartnerländer Deutschlands geworden ist. Nicht nur die Bereitschaft Ghanas, sich auf Reformen im wirtschafts- und finanzpolitischen Sektor einzulassen, sondern auch die vor allem im Vergleich zu vielen anderen Subsahara-Afrika-Ländern relativ stabilen Rahmenbedingungen ließen aus Sicht der G20 und speziell Deutschlands (bei der Reformpartnerschaft) Ghana zu einem interessanten Partner werden.

Wenngleich die ghanaische Demokratie durchaus Herausforderungen zu bewältigen hat, erlangte sie doch durch mehrere friedliche Regierungs- und Präsidentenwechsel bei weitestgehend transparenten und fairen Wahlen eine inzwischen fast 30 Jahre währende Stabilität, auf die die Ghanaer stolz sein können. Hinsichtlich der Regierungsführung insgesamt rangiert Ghana laut dem Ibrahim Index 2020 auf Rang 8 unter den Ländern Subsahara-Afrikas. Soweit es den Untersuchungsgegenstand Demokratische Partizipation, Freiheits- und Menschenrechte sowie Gleichheit und Gender betrifft sogar Platz 5. Im Demokratieindex 2020 des Magazins „The Economist“ belegt Ghana Platz 59 (zusammen mit Kroatien) von 167 Ländern weltweit. Wirtschaftspolitisch könnte Ghana eine noch interessantere Rolle auch für deutsche Unternehmen spielen, gäbe es einerseits einen Abbau protektionistischer Maßnahmen sowie sicherere Investitionsmöglichkeiten und würde andererseits die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) mit grenzenlosem Handel tatsächlich funktionieren. Ein Zeichen des wirtschaftlichen Engagements sendete die im Dezember 2020 wiedergewählte Regierung unter Präsident Nana Akufo-Addo aus, indem sie es erreicht hat, das Sekretariat der African Continental Free Trade Area der Afrikanischen Union nach Ghana zu holen.

Auch im Umgang mit der Corona-Pandemie, die seit Mitte März 2020 das Land in Atem hält, hebt sich Ghana im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern positiv ab. Eine enge Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation, eine offensive Kommunikation über die Verbreitung des Virus sowie die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung weisen auf eine professionelle Handhabung hin. Dazu gehört auch die konsequente Testung von Einreisenden am Flughafen sowie ein ambitioniertes Impfprogramm mit dem Ziel, bis Ende 2021 ca. 20 Mio. Impfdosen verabreicht zu haben. Ghana war auch das erste afrikanische Land, das im Februar 2021 Impfdosen aus dem internationalen COVAX-Programm bezogen hat.

All diese einzelnen Elemente lassen Ghana für Deutschland zum Stabilitätsanker in der Region werden. Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass eine große Mehrheit der ghanaischen Bevölkerung gesellschaftliche Wertvorstellungen und Lebenspraktiken Europas beziehungsweise Deutschlands (wie Homosexualität) nicht nur nicht mitträgt, sondern vielmehr entschieden zurückweist. Die Zugehörigkeit zu religiösen Institutionen ist stark ausgeprägt und bestimmt ebenso wie Hierarchie und Regeln innerhalb der Familie den Wertekanon des Einzelnen und der Gesellschaft.

BEREITSCHAFT: Wie groß ist die Bereitschaft Ghanas, mit Deutschland zur Verwirklichung dieses Interesses zusammenzuarbeiten?

Vielen bewusst, dass die ghanaische Demokratie einer Weiterentwicklung bedarf. In Ghana besteht mit der Vierten Republik seit 1993 eine Präsidialdemokratie, auch beeinflusst durch die wichtigen Partner Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Der politischen Bedeutung dieser Länder ist in den vergangenen Jahren jedoch aus verschiedenen Gründen gesunken, China hat diesen Raum (noch) nicht für sich einnehmen können.

Im wirtschaftlichen Sektor besteht seit dem Jahr 2019 eine deutsch-ghanaische, gemischte Wirtschaftskommission auf ministerieller Ebene, die sich regelmäßig zu Fragen von Handel und Investitionen in den jeweiligen Ländern austauschen will. Ghana hat erkannt, wie wichtig der regelmäßige Austausch mit Handelspartnern ist. Gleichzeitig wird diese Initiative von der deutschen Wirtschaft als ermutigendes Zeichen gedeutet, dass Ghana wirtschaftliche Reformen anstoßen will. Über diese Kooperation hinaus engagiert sich Deutschland durch diverse Institutionen in der Wirtschaftsförderung von (Jung-)Unternehmern sowie der beruflichen Bildung, die das zuständige ghanaische Ministerium mehr am deutschen dualen Modell ausrichten möchte.

Erwähnt sei auch die Bereitschaft Ghanas, sich international im Rahmen der Vereinten Nationen zu engagieren, und so für die Werte und Regeln dieser Staatengemeinschaft einzutreten. So haben sich sowohl Präsident Mahama seit 2015 als auch Präsident Akufo-Addo seit 2017 als Mitvorsitzende der SDG Advocate Group eingebracht. Darüber hinaus beteiligt sich Ghana mit circa 3.000 Soldaten an diversen UN-Friedensmissionen weltweit. Positiv hervorzuheben ist, dass sich Ghana nicht nur auf Ebene der UN, sondern auch in der ECOWAS und der Afrikanischen Union für ein eher kleines Land erstaunlich stark einbringt und versucht, Friedensprozesse voranzutreiben.

STATUS QUO: Wie eng ist die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Ghana aktuell in diesem Bereich?

Wortwörtlich sticht die Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Ghana ins Auge. Die deutschen staatlichen Institutionen haben in den vergangenen Jahren vor allem wegen des besonderen Status Ghanas für Deutschland ihre Programme erheblich ausgebaut. Dies ist ein gegenläufiger Trend zu anderen europäischen Nationen, die ihr Engagement eher verringern oder auslaufen lassen.

Besonders geschätzt wird in Ghana die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, von der man gerne lernen und (mehr) profitieren würde. Vor allem unter dem derzeitigen Präsidenten sind gegenseitige Besuche hochrangiger Politiker und Unternehmer häufig geworden; Akufo-Addo selbst ist seit seinem Amtsantritt im Januar 2017 fünf Mal nach Deutschland gereist, Bundeskanzlerin Merkel kam 2018 nach Ghana. Eine seit 2007 bestehende Partnerschaft zwischen dem Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) und Ghana ist vital und zeichnet sich durch zukunftsweisende Kooperationen z.B. im Bereich der Verwaltung und der Umweltpolitik aus.

Nicht selten hört man von ghanaischen Politikern, man würde anstatt mit den Chinesen viel lieber mit den Deutschen zusammenarbeiten – doch entweder seien die finanziellen Mittel von deutscher Seite zu gering, oder die administrativen Prozesse zur Umsetzung eines Projekts viel zu lang.

POTENZIAL: Wie groß ist das Potenzial, die Partnerschaft zwischen Deutschland und Ghana in diesem Bereich zu intensivieren?

Deutschland hat es im letzten Jahrzehnt geschafft, ein wichtiger Partner Ghanas zu werden. Nicht nur Kanzlerin Merkel und Präsident Akufo-Addo haben jenseits einer guten Arbeitsbeziehung freundschaftliche Verbindungen geknüpft. Auch in anderen Bereichen wie Politik, Wirtschaft oder Zivilgesellschaft ist das zu spüren. In der Bekämpfung der Corona-Pandemie-Folgen unterstützt Deutschland Ghana in Millionenhöhe.

Gelingt es, mehr und mehr „Win-Win“-Situationen zwischen den beiden Ländern zu schaffen, kann die Partnerschaft als Vorbild auch für andere afrikanische Staaten gelten. Ghanas Ruf in der Region ist sehr gut, viele Nachbarländer blicken mit Bewunderung allein schon auf die mittlerweile drei Jahrzehnte anhaltende, friedvolle Demokratieentwicklung Ghanas. Das mag dazu führen, dass Ghana nicht nur Stabilitätsanker ist und bleibt, sondern auch positiv in Nachbarländer ausstrahlt.

POLITIKEMPFEHLUNG: Was muss sich in der deutschen Außenpolitik ändern, damit dieses Potenzial vollumfänglich ausgeschöpft werden kann?

Deutschland gilt Ghanaern als das erfolgreichste europäische Land. Es wird nicht nur als wirtschaftlicher, sondern auch als politischer Motor in und für Europa wahrgenommen – ein starker Partner, mit dem man gute Beziehung aufbauen möchte. Diese wurde etwa durch den „Compact with Africa“ und die Reformpartnerschaft auf eine qualitativ neue Stufe gehoben, die es zu sichern gilt. Gleichzeitig liegt es am Verbund der Europäer, eine echte Alternativen zu dem zunehmend chinesischen Engagement zu präsentieren.
Über den entwicklungspolitischen Bereich hinaus sollte darüber nachgedacht werden, wie der unternehmerische Einsatz zwischen den Ländern gefördert werden kann. Das kann durch kreative Erweiterungen bisheriger Instrumentarien bei Investitionen im Ausland erfolgen, sollte aber ebenfalls eine erhebliche Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den betroffenen Ländern umfassen. Dabei gilt es von deutscher Seite nicht nur aktiv und entschieden mitzuarbeiten, sondern sich wesentlich offensiver für solche Verbesserungen auch unter Berücksichtigung deutscher Interessen auf politischer Ebene einzusetzen. Hier ist vor allem auch eine entschlossenere deutsche Interessenpolitik gefragt, die partnerschaftlich ausgerichtet sein sollte.

Dr. Arne Wulff leitet das KAS-Auslandsbüro Ghana.

Aktualisiert am: 11.05.2022

GHANA

  • Population: 31.072.940
  • Capital: Accra
  • Interesse: Die Stärkung einer werte- und regelbasierten Weltordnung
  • Region: Afrika südlich der Sahara

04 — Die Region

Afrika südlich der Sahara

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CÔTE D'IVOIRE

Côte d‘Ivoire gilt als politischer und wirtschaftlicher Stabilitätsanker in Westafrika. Während es ab Mai 2021 innerhalb von nur acht Monaten zu drei Militärputschen in den Nachbarstaaten Guinea, Mali und Burkina Faso kam, ist es in Côte d’Ivoire ruhig geblieben. Der rohstoffreiche Hub am Golf von Guinea verzeichnet seit 2012 ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum, das mit regelmäßigen Werten von mehr als 6 Prozent deutlich über dem ebenfalls hohen Bevölkerungswachstum von etwa 2,5 Prozent pro Jahr liegt. Lebten im Jahr 2000 noch 16,5 Millionen Menschen in Côte d’Ivoire, so waren es 20 Jahre später bereits 26 Millionen.

  • Population: 27.712.600
  • Capital: Yamoussoukro
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DR KONGO

Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) verfügt über verschiedene Ressourcen, welche für die Begrenzung der Erderwärmung, aber auch für die globale Energie- und Mobilitätswende eine herausragende Rolle spielen (werden). Mit rund 100 Millionen Hektar befindet sich die weltweit zweitgrößte Regenwaldfläche in der DR Kongo. Tropische Ökosysteme wie der kongolesische Regenwald sind in der Lage, CO2 zu speichern, und spielen somit eine wichtige Rolle für den weltweiten Klimaschutz und die Begrenzung der globalen Erderwärmung. Auf Mikroebene können Waldflächen zudem das Auftreten von extremen Wetterereignissen wie Hitze oder Starkregen verringern.

  • Population: 95.403.294
  • Capital: Kinshasa
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MALAWI

Malawi hat bewiesen, dass es als Beispiel für eine funktionierende Demokratie in Afrika gelten und ein Partner für Deutschland sein kann, wenn es um die Verteidigung einer demokratischen, wertebasierten Weltordnung geht. 2020 schrieb Malawi Geschichte, als die von Unregelmäßigkeiten überschatteten Wahlen vom Mai 2019 erfolgreich durch die Opposition angefochten wurden.

  • Population: 20.150.838
  • Capital: Lilongwe
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CÔTE D'IVOIRE

Mit ihrem sicherheitspolitischen Engagement in Westafrika fokussiert sich die deutsche Außenpolitik seit Jahren auf Mali und seine Nachbarstaaten – auch bekannt als Sahel-Region, deren Stabilität durch die räumliche Nähe zu Europa für Frieden und Sicherheit hierzulande unmittelbar relevant ist. Dennoch sollte der geografische Blick geweitet werden, denn Dschihadismus, ethnische Konflikte und organisierte Kriminalität breiten sich verstärkt in ganz Westafrika aus. Dadurch sind vor allem die südlichen Nachbarländer der Sahel-Staaten, wie Côte d’Ivoire, in ihrer politischen und wirtschaftlichen Stabilität bedroht. Côte d’Ivoire ist für Deutschland ein wichtiger westafrikanischer Partner im Bereich des Handels und der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Dies äußert sich nicht zuletzt in der Reformpartnerschaft, welche Deutschland seit 2017 mit dem Staat unterhält.

  • Population: 27.712.600
  • Capital: Yamoussoukro
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SÜDAFRIKA

Um dem Klimawandel ein Ende zu setzten braucht die Welt Afrika – dies betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen anlässlich des EU-Afrika Gipfels Anfang 2022. Südafrika, die entwickelteste Volkswirtschaft des Kontinents, verfolgt in diesem Bereich ehrgeizige Ziele, welche in Deutschland ähnlich debattiert werden, so zum Beispiel die drastische Minderung des CO2-Ausstoßes und die Verringerung der massiven Abhängigkeit von Kohle. Unwägbar sind jedoch die diversen Vetospieler in der südafrikanischen Politik.

  • Population: 59.308.690
  • Capital: Bloemfontein, Kapstadt, Pretoria
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KENIA

Kenia ist einer der stabilsten Staaten Ostafrikas und eine international ausgerichtete Marktwirtschaft. Als größte Volkswirtschaft in Ostafrika ist Kenia ein Wachstumsmotor für die Region. Auch dank der Häfen Mombasa und Lamu sowie des Flughafens in Nairobi ist das Land ein wichtiger regionaler Hub im Handel, im Finanzwesen und Transport. Viele internationale Unternehmen und Organisationen haben Kenia als Sitz ihrer (Ost)Afrika-Niederlassungen gewählt.

  • Population: 53.771.296
  • Capital: Nairobi
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GHANA

Nicht nur die Bereitschaft Ghanas, sich auf Reformen im wirtschafts- und finanzpolitischen Sektor einzulassen, auch die vor allem im Vergleich zu vielen anderen Subsahara-Afrika-Ländern relativ stabilen Rahmenbedingungen ließen aus Sicht der G20 und speziell Deutschlands (bei der Reformpartnerschaft) Ghana zu einem interessanten Partner werden.

  • Population: 31.072.940
  • Capital: Accra
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NIGERIA

Mit etwa 216 Millionen Einwohnern ist Nigeria nicht nur das bevölkerungsreichte Land Afrikas, sondern auch seit einigen Jahren die größte Volkswirtschaft des Kontinents. Das Land ist reich an Öl- und Gasvorkommen und zählt zu den größten Erdölexporteuren der Welt. Dennoch steht Nigeria vor immensen Sicherheits- und Wirtschaftsproblemen, die infolge der Corona-Pandemie größer geworden sind. Diese könnten mittel- bis langfristig die gesamte Region weiter destabilisieren und Europa vor große Herausforderungen stellen. Letzteres betrifft sowohl das europäische Interesse, die Staaten des Sahel bei ihrem Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen, als auch irreguläre Migration aus Afrika zu unterbinden.

  • Population: 206.139.589
  • Capital: Abuja
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NIGER

Die instabile Sicherheitslage im gesamten Sahelraum zeigt die Schwäche staatlicher Autoritäten in der Region auf. Auch die Sicherheitskräfte Nigers haben erhebliche Mühe, das Staatsgebiet effektiv zu kontrollieren. Mehrere terroristische Gruppen wie der Islamische Staat oder Boko Haram attackieren regelmäßig Stützpunkte der Streitkräfte des Landes sowie Zivilisten. Niger ist zudem eines der ärmsten Länder der Welt mit einer der höchsten Bevölkerungswachstumsraten (Im Schnitt kriegen Frauen etwa 7 Kinder). Es kämpft mit zahlreichen Governance-Problemen, unter anderem werden regelmäßig Korruptionsvorwürfe gegenüber Regierungsvertretern oder Beamten laut. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Demonstrationen gegen die grassierende Korruption und schlechte Regierungsführung. Gleichwohl ist Niger mit den letzten Wahlen 2020/21 erstmals der Übergang von einem gewählten Präsidenten zu einem anderen gewählten Nachfolger, Mohamed Bazoum, gelungen. Bisher war das Land durch zahlreiche militärische Umstürze geprägt.

  • Population: 24.206.644
  • Capital: Niamey
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