PARTNER ATLAS
VR CHINA
Als Partner für die Sicherung wichtiger Ressourcen und für den Schutz des Klimas
01 — Die Leitfragen zum Partner Atlas
RELEVANZ: Welche Relevanz hat China für Deutschland, wenn es darum geht, das Interesse „Die Sicherung wichtiger Ressourcen und der Schutz des Klimas" zu verwirklichen?
Der Klimaschutz ist heute ein fester Bestandteil der deutschen Außenpolitik. Die Rolle Chinas in der internationalen Klimapolitik wird dabei von Deutschland als besonders wichtig erachtet. China ist zugleich größter CO2-Emittent und Kohlekonsument der Welt. Auf der anderen Seite findet in China der weltweit größte Zubau von erneuerbaren Energien statt. Wenn es China gelingt, seine bereits eingeleitete Energiewende weiter und schneller umzusetzen, dann wird sich das nicht nur unmittelbar auf die globale CO2-Bilanz auswirken, sondern auch Signalwirkung auf andere Länder haben. Die Kooperation mit China in der Umwelt- und Klimapolitik trägt zum Schutz globaler öffentlicher Güter bei.
Deutschland verfolgt selbst eine ambitionierte Klimapolitik, die es in den vergangenen Jahrzehnten zu den führenden Industrieländern im Bereich Forschung und Entwicklung von Energie-, Klima- und Umwelttechnik (grüne Technologien) gemacht hat. Darauf aufbauend und zumeist eng vernetzt mit der unternehmensnahen Forschungslandschaft haben sich eigene Wirtschaftsbereiche mit Start-ups, mittelständischen Unternehmen und großen Konzernen entwickelt, die neben dem heimischen Markt mittlerweile signifikant zur deutschen Exportwirtschaft beitragen. In diesem Kontext ist China als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und Deutschlands größter Handelspartner von besonderer ökonomischer Bedeutung. Für die deutsche Industrie ist China ein wichtiger Absatzmarkt für grüne Technologien. Darüber hinaus ermöglicht er die vergleichsweise schnell hochskalierbare Einführung und damit verbundene Kostenreduktion von grünen Technologien.
China kann für den Ausbau seiner erneuerbaren Energien auf heimische Rohstoffvorkommen, zum Beispiel Seltene Erden, zurückgreifen. Auch im Ausland investiert China in die Sicherung von Rohstoffen wie Kobalt oder Lithium. Deutschland verfügt nur über wenige heimische Rohstoffvorkommen, die für die Produktion von Erneuerbare-Energien-Technologien aber notwendig sind. Vor diesem Hintergrund hat sich Deutschland auch zu einem führenden Standort für die Entwicklung von Ressourceneffizienztechnologien und die Verbesserung der Materialeffizienz sowie entsprechenden Infrastrukturen, wie der Kreislaufwirtschaft, entwickelt. Für Deutschland ergibt sich daraus ein Interesse an der Kooperation mit China im Bereich der Rohstoffeffizienz, um Zugänge zur Ressourcen zu erhalten und eigene Abhängigkeiten zu verringern.
BERETSCHAFT: Wie groß ist die Bereitschaft Chinas, mit Deutschland zur Verwirklichung dieses Interesses zusammenzuarbeiten?
Chinas Interesse an einer Klimakooperation mit Deutschland ist hoch. China verfolgt das Ziel, zum führenden Standort für die Entwicklung und Produktion von grünen Technologien aufzusteigen. Die industrielle Fertigung von Gütern soll dafür in China umweltschonender und nachhaltiger werden. Hier schließen sich konkrete klimapolitische Zielsetzungen, wie die Erreichung der CO2-Neutralität bis 2060 und die Überschreitung des CO2-Emissionen-Höhepunktes noch vor 2030, an. Zur Zielerreichung sollen der Energie-, Industrie-, Transport- und Kreislaufwirtschaftssektor beitragen. In diesen Bereichen sind internationaler Austausch und Kooperation zur Entwicklung von umweltfreundlichen Technologien, Ausrüstung sowie Dienstleistungen und Infrastrukturen denkbar.
Deutsche Technologien sollen dabei helfen, diese Ziele zu erreichen. Hierbei will China nicht mehr nur die globale Werkbank sein, sondern verstärkt heimische Wertschöpfungsketten aufbauen, wie es bei der Solarzellen- und der Batterieindustrie teilweise schon der Fall ist. Dazu gehört vor allem auch die Steigerung der heimischen Innovationskraft bei der Entwicklung eigener grüner Technologien. Strategien wie die „Made in China 2025“ sollen entsprechend dazu beitragen. Aus chinesischer Sicht stehen der Erfahrungsaustausch in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sowie die dafür in Deutschland entwickelten Technologien im Energie- um Umweltsektor im Vordergrund. Hierzu zählen auch die Kooperation und der Austausch im Bereich der Weiterentwicklung des nationalen Emissionshandels in China.
Die chinesische Bereitschaft zur Klimakooperation mit Deutschland richtet sich zunehmend wettbewerblich aus. Das heißt, China erzielt in vielen Bereichen der Entwicklung und Produktion von grünen Technologien mittlerweile beachtliche Fortschritte und ist damit für Deutschland zu einem Wettbewerber geworden. Dieser Umstand prägt den Rahmen für die deutsch-chinesischen Klimakooperationen in einem zunehmenden Maße. Die chinesische Umweltindustrie will von der deutschen lernen, diese aber perspektivisch als führenden Standort für grüne Technologien auch überholen. Ein besonders hoher Wettbewerb herrscht beispielsweise in den Bereichen der Entwicklung von Elektromobilitätsantrieben, neuen Fertigungsmaterialien oder Wasserstoffanwendungen. Die heimischen Rohstoffvorkommen sowie strategisch international gut aufgestellte Rohstoffbezugsquellen verschaffen China in diesem Wettbewerb eine starke wirtschaftliche Grundlage, von der auch Deutschland abhängig ist.
STATUS QUO: Wie eng ist die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China aktuell in diesem Bereich?
Die Zusammenarbeit im Bereich Klima- oder Umweltschutz im Allgemeinen zwischen Deutschland und China kann als eng bezeichnet werden. Neben der mehrfach neuaufgelegten deutsch-chinesischen Klimapartnerschaft gibt es Biodiversitäts- und Energiepartnerschaften. Die Partnerschaften werden durch zahlreiche gemeinsame Forschungsprogramme, Klimapolitikdialoge, Erfahrungsaustausche und Beratungsprogramme ergänzt und auf den unterschiedlichsten Ebenen durchgeführt. Ein ganz wesentlicher Akteur ist dabei die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Hinzu kommen die engen wirtschaftlichen Verflechtungen im Bereich Energie- und Umwelttechnik, die angesichts der verstärkten klimapolitischen Zielstellungen Chinas immer weitere für Deutschland besonders wichtige Industriebereiche, wie die Auto- oder Chemieindustrie, umfassen. Hier schließen sich Forschungskooperationen zwischen Universitäten und nichtuniversitären Einrichtungen an, die weite Teile des Nachhaltigkeitsspektrums umfassen. Darüber hinaus wird auf den höchsten politischen Ebenen regelmäßig die Vertiefung der Zusammenarbeit im Klimabereich genannt.
Der enge deutsch-chinesische Austausch in der Umwelt- und Klimapolitik wird zunehmend vom globalen Systemwettbewerb beeinflusst. Die über Jahrzehnte gewachsenen vertrauensvollen Kooperationen in diesem Bereich könnten dadurch beeinträchtigt werden. Vor allem die Verbindung der Umwelt- und Klimapolitik mit anderen strittigeren Themen könnte die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erschweren. Das kann nicht nur dazu führen, dass der deutsch-chinesische Umwelt- und Klimadialog, der zu einer insgesamt sinkenden Anzahl von Themen mit gemeinsamen Interessen zählt, erschwert wird, sondern die Wirtschaftskooperation, die immer stärker auf grüne Technologien setzt, ebenfalls betroffen ist.
POTENZIAL: Wie groß ist das Potenzial, die Partnerschaft zwischen Deutschland und China in diesem Bereich zu intensivieren?
Die deutsch-chinesische Klimapartnerschaft bietet viel Raum für eine verstärkte Kooperation und neue Ansätze auf der multilateralen, aber auch bilateralen Ebene. Aktuelle politische Themen, wie der Klimaklub, die Verbesserung der Energiesicherheit mit erneuerbaren Energien, die Entwicklung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel insbesondere in der Landwirtschaft, Verständigung auf gemeinsame Standards in der Energie-, Klima- und Umweltindustrie, geben umfassende Möglichkeiten für die Intensivierung bestehender und den Aufbau neuer Kooperationen. In diesen Bereichen stoßen durchaus unterschiedliche Ansichten, Realitäten und Intentionen aufeinander, aber wenn beide Seiten kompromissfähig sind, können dadurch vielfach neue Kooperationsmöglichkeiten entstehen. Daneben existieren zahlreiche wirtschaftliche Kooperationspotenziale, wie die Entwicklung und der Austausch von Kreislaufwirtschaftssystemen, die Beschleunigung der Einführung von grünen Technologien, die Steigerung der Energieeffizienz oder der Kooperation im Bereich Emissionshandel insbesondere mit Blick auf deren finanzwirtschaftliche Dimensionen. Deutsche Unternehmen wollen am Umbau der chinesischen Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit profitieren und sind bereit, in China zu investieren. China auf der anderen Seite ist offen für den internationalen Austausch und Kooperation, um seine eigenen ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
Es gilt, dabei auch neue und alte politische Hürden zu überwinden, die mit Blick auf die verschärften geopolitischen Spannungen weltweit nicht kleiner werden. Wenn Klimapolitik auf deutscher und chinesischer Seite zunehmend mit anderen Politikfeldern verbunden wird, dann kann das für eine etwaige Partnerschaft in diesem Bereich schwieriger werden. So wirken beispielsweise die Klima- und Handelspolitik immer stärker zusammen. Dieser Umstand zeigt sich vor allem am geplanten europäischen CO2-Grenzausgleich. Der zunehmende Wettbewerb zwischen Deutschland und China im Bereich der Entwicklung von grünen Technologien kann dabei eine Chance sein, um die globalen Kosten bezüglich der Vermeidung des Klimawandels so gering wie möglich zu gestalten. Allerdings müssen dafür von beiden Seiten einzuhaltende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen fairen und nach gemeinsamen Standards ausgerichteten Handel ermöglichen.
POLITIKEMPFEHLUNG: Was muss sich in der deutschen Außenpolitik ändern, damit dieses Potenzial vollumfänglich ausgeschöpft werden kann?
In der deutschen Außenpolitik wird durchaus wahrgenommen, dass die Klimapolitik ein wichtiges partnerschaftliches Thema ist, dieses aber zunehmend an Wettbewerbscharakter gewinnt. Dieser Wettbewerb ist gut, da er dazu führt, dass Marktkräfte zur Verringerung der CO2-Emissionen entwickelt und eingesetzt werden. Allerdings benötigt dieser Wettbewerb (auch in anderen Wirtschaftsbereichen) gemeinsame Regeln und Standards, die einseitige staatliche Bevorteilung verhindern. Für deutsche Unternehmen sind diese gemeinsamen Spielregeln von zentraler Bedeutung, um an der wachsenden Nachhaltigkeitswirtschaft in China teilzuhaben. Dieser Wettbewerb schließt auch den internationalen Ressourcenwettbewerb ein.
Dr. Christian Hübner leitet das KAS-Regionalprogramm Energiesicherheit und Klimawandel Asien und Pazifik.
02 — Auslandsbüro
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