PARTNER ATLAS

CHILE

Als Partner für die Stärkung einer werte- und regelbasierten Weltordnung

01 — Die Leitfragen zum Partner Atlas

RELEVANZ: Welche Relevanz hat Chile für Deutschland, wenn es darum geht, das Interesse "Die Stärkung einer werte- und regelbasierten Weltordnung" zu verwirklichen?

Im Rahmen des ersten EU-Lateinamerika-Gipfels im Juni 1999 wurde die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Lateinamerika begründet. Grundlage der Strategie und der folgenden Assoziierungs- und Partnerschaftsabkommen mit einzelnen Ländern und Regionen des südamerikanischen Kontinents war die Annahme, dass die EU und die Länder Lateinamerikas zahlreiche Werte und Interessen verbinden. Die Bundesregierung hat auf Basis dieser Partnerschaft 2019 die Lateinamerika-und-Karibik-Initiative des Auswärtigen Amtes ins Leben gerufen. Diese soll Kooperationen zwischen Deutschland und den Ländern der Region, insbesondere im Hinblick auf Wirtschaft, Wissenschaft, Klimapolitik und Rechtsstaatszusammenarbeit sowie den Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, stärken.

Chile zählt nicht zu den bevölkerungsstärksten Ländern Lateinamerikas, nimmt aber dennoch für Deutschland aufgrund der 150-jährigen deutschen Einwanderungsgeschichte einen besonderen Stellenwert ein. Innerhalb der EU ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Chiles. Nach der innenpolitischen Zäsur und der weitgehend außenpolitischen Isolation während der Zeit der Militärdiktatur kehrten die demokratischen Regierungen Chiles seit 1990 in die außenpolitische Tradition „multilateraler Verhandlungen“ ihres Landes mit einem zusätzlichen Augenmerk auf den Schutz der Menschenrechte in die Weltgemeinschaft zurück. Seitdem bringt sich die Andenrepublik engagiert in multilateralen Organisationen zur Förderung von Frieden, Menschenrechten und Demokratie sowie an friedenserhaltenden Maßnahmen unter dem Schirm der Vereinten Nationen (VN) ein. Der multilaterale Ansatz gehört heute zur DNA chilenischer Außenpolitik. 

Darüber hinaus zählt das Rohstoffland Chile zu den Ländern, die eine strategische Bedeutung für die deutsche Rohstoffsicherheit haben. Unter anderem verfügt das Land weltweit über das größte Kupfer- sowie große Lithium-Vorkommen. Wie in vielen Teilen der Welt steht Deutschlands Interesse an der Rohstoffabschöpfung in Chile in Konkurrenz zum aggressiveren Auftreten Chinas in der Region. Eine enge Einbindung Chiles und Konsultationen zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen sind nicht nur vom Partner gewünscht, sondern liegen im fundamentalen Interesse Chiles wie Deutschlands.

BEREITSCHAFT: Wie groß ist die Bereitschaft Chiles, mit Deutschland zur Verwirklichung dieses Interesses zusammenzuarbeiten?

Relativ neu auf der außenpolitischen Agenda Chiles sind die Themen Klimaschutz und Energiesicherheit. Chile ist aufgrund seiner Topografie und geografischen Beschaffenheit besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels. Ein deutliches Bekenntnis, als Akteur in internationalen Foren sich in Zukunft noch stärker gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu engagieren, war die Entscheidung der chilenischen Regierung, die Weltklimakonferenz COP25 im Jahr 2019 nach der kurzfristigen Absage Brasiliens in Santiago de Chile auszurichten. 

In der politischen und gesellschaftlichen Debatte Chiles über den Klimawandel und Energiesicherheit wird ein starker Bezug auf die Energiewende in Deutschland genommen und nicht zuletzt auf die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern vertraut. Seit 2004 berät die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) diesbezüglich die chilenische Regierung sowie regionale und lokale Autoritäten an zentraler Stelle. Chile hat seinen Kohleausstieg bis zum Jahr 2040 angekündigt. Seitdem steigt kontinuierlich der Anteil erneuerbarer Energiequellen.

STATUS QUO: Wie eng ist die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Chile aktuell in diesem Bereich?

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schloss am Rande des Berlin Energy Transition Dialogue (BETD) im April 2019 eine bilaterale Energiepartnerschaft mit Chile. Es ist daher eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz, aber auch Wasserstoff und Digitalisierung geplant. Im April 2020 war Chile das erste lateinamerikanische Land, das der durch das Pariser Abkommen begründeten Verpflichtung nachkam, den nationalen Beitrag (National Determined Contribution, NDC) zum Rahmenübereinkommen der VN über Klimaänderungen (UNFCCC) regelmäßig anzupassen, um seine Treibhausgasemissionen bis 2030 zu reduzieren. Das Land zeigt sich als verlässlicher Partner Deutschlands im globalen Kampf gegen die Folgen des Klimawandels, dessen Verlauf bedeutsam für die internationale Ordnung sein wird.

Eine weitere Zusammenarbeit Deutschlands mit Chile besteht auf dem Gebiet der inneren Sicherheit. Angesichts der sozialen Unruhen im Oktober/November 2019 und der sichtlich überforderten Sicherheitskräfte hat die chilenische Regierung „ihr Interesse an deutscher Expertise zur Unterstützung eines Reformprozesses der Polizei, insbesondere mit Blick auf gesellschaftliche Akzeptanz sowie polizeiliche Maßnahmen der Kommunikation und Deeskalation, zum Ausdruck gebracht“. Seitdem haben verschiedene Polizeidelegationen aus Deutschland Führungskräfte der Polizei sowie des Innenministeriums in Chile beraten. Inwieweit die Zusammenarbeit nach dem Regierungswechsel vom bürgerlichen Präsidenten Sebastián Piñera zum Linken Gabriel Boric Bestand haben wird, ist offen.

POTENZIAL: Wie groß ist das Potenzial, die Partnerschaft zwischen Deutschland und Chile in diesem Bereich zu intensivieren?

Allen Regierungswechseln zum Trotz und über Parteigrenzen hinweg sind das Zusammenwirken und Kooperieren in multilateralen Foren fest in der außenpolitischen Doktrin des Landes verankert. Als logische Konsequenz schloss sich Chile der von Deutschland und Frankreich ins Leben gerufenen Allianz für den Multilateralismus als Co-Host an. Chiles damaliger Außenminister Teodoro Ribera betonte Chiles Bereitschaft, „die Modernisierung der internationalen Organisationen voranzutreiben und sie der Zeit und den aktuellen Erfordernissen anzupassen“. Bereits jetzt stimmen sich Chile und Deutschland bei der Behandlung verschiedener multilateraler Themen ab und bündeln ihre Bemühungen in Bereichen wie Armutsbekämpfung, Demokratieentwicklung, Schutz und Nutzen der Antarktis, Umweltschutz, Rüstungskontrolle, Bekämpfung des Drogenhandels sowie Sicherheitspolitik. Übereinstimmend ist die Position beider Länder in Bezug auf die Reform des VN-Sicherheitsrates mit dem Ziel, ein Gremium mit nicht mehr als 25 Mitgliedern zu bilden, wobei die Zahl der ständigen und nichtständigen Mitglieder erhöht werden soll. Chile unterstützt das Bestreben Deutschlands, ständiges Mitglied des Sicherheitsrates zu werden.

Angesichts der aktuellen Gesundheitskrise fordert die chilenische Regierung eine konzertierte Aktion der Weltgemeinschaft zur Überwindung der Pandemie. In einer jüngst vorgetragenen Initiative fordert Chile Deutschland und andere Mitstreiter über die Gremien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf, gemeinsam Instrumente und Maßnahmen zu entwickeln, um frühzeitig und kooperativ auf zukünftige Pandemien zu reagieren.

Trotz der nach wie vor bestehenden Defizite in der praktischen Umsetzung der nationalen Umwelt- und Energiepolitik, nimmt Chile bereits jetzt schon bei Klimaschutz und Energieeffizienz/-sicherheit eine Vorreiterrolle in der Region ein, da es aufgrund seiner politischen Stabilität und wirtschaftlichen Stärke über ausreichende Ressourcen verfügt, die nächsten Schritte zu gehen. In diesem Zusammenhang ist die chilenische Regierung von VN-Generalsekretär António Guterres gebeten worden, die Koalition „Mitigation strategy“ im Rahmen des Climate Action Summit in New York im September 2019 zu leiten.

POLITIKEMPFEHLUNG: Was muss sich in der deutschen Außenpolitik ändern, damit dieses Potenzial vollumfänglich ausgeschöpft werden kann?

Die Bereitschaft, sich eng mit Deutschland in multilateralen Fragen abzustimmen, ist vorhanden, allerdings mangelt es oftmals am direkten Austausch hochrangiger deutscher Politikerinnen und Politiker mit Chile. Die letzten Staatsbesuche von deutschen Außenministern und Regierungschefs liegen Jahre zurück. Zuletzt nahm sich Bundespräsident Joachim Gauck im Jahr 2016 vier Tage Zeit, Chile zu besuchen.

Chiles Rolle in der Allianz für Multilateralismus ist ein starkes Signal an Regierung und Bevölkerung, dass Deutschland die demokratische Entwicklung der Andenrepublik der zurückliegenden drei Jahrzehnte hoch schätzt. Dennoch ist auch in Chile gegenwärtig die politische Stabilität durch die Unwägbarkeiten des Verfassungsprozesses gefährdet. Eine noch stärkere Hinwendung zu diesem Partner, beispielsweise durch hochrangige bilaterale Begegnungen, würde daher nochmals die Bedeutung Chiles als Leuchtturm der Stabilität in der Region sowie als geschätzter Wertepartner zur Bewältigung der globalen Herausforderungen unterstreichen.

Andreas Klein leitete das KAS-Auslandsbüro Chile von September 2016 bis März 2022.

CHILE

  • Population: 19.450.953
  • Capital: Santiago de Chile
  • Interesse: Die Stärkung einer werte- und regelbasierten Weltordnung
  • Region: Lateinamerika

02 — Auslandsbüro

03 — Die Region

Lateinamerika

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CHILE

Im Rahmen des ersten EU-Lateinamerika-Gipfels im Juni 1999 wurde die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Lateinamerika begründet. Grundlage der Strategie und der folgenden Assoziierungs- und Partnerschaftsabkommen mit einzelnen Ländern und Regionen des südamerikanischen Kontinents war die Annahme, dass die EU und die Länder Lateinamerikas zahlreiche Werte und Interessen verbinden.

  • Population: 19.450.953
  • Capital: Santiago de Chile
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BRASILIEN

Brasilien ist das größte Land in Südamerika, die fünftgrößte Nation der Welt und die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Darüber hinaus umfasst es mehr als 60 Prozent des größten Tropenregenwaldes der Welt, den Amazonas, und hat einen hohen Anteil an erneuerbaren Energiequellen in seiner Energiematrix. Die geografische Lage des Landes, seine Größe, seine wirtschaftliche Bedeutung und die Wichtigkeit der Bewahrung seiner natürlichen Ressourcen für die Bekämpfung der weltweiten Klimakrise belegen die zentrale Rolle, die Brasilien bei der Gewährleistung und Aufrechterhaltung der globalen Klima-, Energie- und Ernährungssicherheit spielt.

  • Population: 212.559.417
  • Capital: Brasilia
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KOLUMBIEN

Kolumbien hat im Kontext der Systemkonkurrenz zwischen Russland, China und westlichen Demokratien für Deutschland und Europa als Wertepartner und regionaler Stabilitätsanker erhebliche strategische Bedeutung. Mit Blick auf Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft, Fläche und Ressourcenreichtum zählt das Land zu den wichtigsten Ländern Lateinamerikas.

  • Population: 50.882.891
  • Capital: Bogota
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MEXIKO

Im Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität, Drogenhandel und Durchdringung des Staates durch kriminelle Gruppen steht Mexiko – regionale Führungsmacht und G20-Mitglied – vor besonderen Herausforderungen, die sowohl die innere als auch die regionale Sicherheit betreffen. Angesichts der grenzüberschreitenden, sogar weit über den amerikanischen Kontinent hinausreichenden Auswirkungen der Organisierten Kriminalität in Mexiko, den Migrationsbewegungen aus Zentralamerika und anderen Weltregionen durch Mexiko in Richtung USA und dem signifikanten wirtschaftlichen Potenzial als Produktionsstandort mit gut qualifizierten Arbeitskräften und einem durch die nordamerikanische Freihandelszone privilegierten Zugang zum US-amerikanischen Markt ist das Land für die Stabilität der Region von großer Bedeutung.

  • Population: 128.932.753
  • Capital: Mexiko-Stadt
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COSTA RICA

Costa Rica generiert nahezu 100 Prozent seines Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen. Auch im Naturschutz gilt Costa Rica als führend. Mehr als 25 Prozent der Landesfläche sind heute Naturschutzgebiete. Mit dem 2018 verabschiedeten Plan zur Dekarbonisierung bis 2050 setzt Costa Rica wichtige Standards und nimmt regional (und international) eine Vorreiterrolle ein. Derzeit arbeitet die Umweltkommission im costa-ricanischen Parlament an einem Gesetzesentwurf, der Costa Rica offiziell zu einem Land frei von Erdöl- und Erdgasexploration und -abbau machen soll. Vor diesem Hintergrund kann Costa Rica zweifelsohne als wichtiger Akteur bei der Sicherung bedeutender Ressourcen und beim Schutz des Klimas gesehen werden.

  • Population: 5.185.625
  • Capital: San José
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PERU

Peru ist in Lateinamerika hinsichtlich seines enormen Ressourcenreichtums und seiner Biodiversität eine Ausnahmeerscheinung. Das Land verfügt über drei große Landschafts­zonen: die Küste, deren weite Teile von Wüste bedeckt sind, die Anden sowie die Urwald­region. Laut World Ressource Institute ist Peru eines von insgesamt acht megadiversen Ländern weltweit und verfügt über 84 der 104 existierenden Lebenszonen. 76 Prozent der Landesfläche wird von Regenwald belegt, womit das Land nach Bra­silien über den größten Anteil am Amazonas- Regenwald verfügt.

  • Population: 32.626.948 (2020)
  • Capital: Lima
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MEXIKO

Mexiko ist die zweitgrößte Volkswirtschaft in Lateinamerika, Mitglied der G20, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der Welthandelsorganisation (WTO).
Die Europäische Union ist nach den USA und China sein drittwichtigster Handelspartner. Wegen der geografischen Nähe zu den USA sowie den wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Verflechtungen beider Länder, insbesondere im Rahmen des im Juli 2020 in Kraft getretenen Nachfolgers von NAFTA – dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen (Tratado comercial entre México, Estados Unidos y Canadá, T-MEC) – spielt Mexiko eine Sonderrolle in diesem wirtschaftlichen Kontext. Außerdem pflegen Mexiko und die EU eine enge Handelsbeziehung im Rahmen des Mexiko-EU-Abkommens, welches im Jahr 2000 in Kraft getreten ist und momentan einen Modernisierungsprozess durchläuft. Unter den EU-Mitgliedstaaten ist Deutschland sowohl der größte Importeur als auch der größte Exporteur von Waren aus und nach Mexiko. Vor diesem Hintergrund ist hier die starke deutsche Industriepräsenz mit rund 2.000 deutschen Unternehmen in Mexiko hervorzuheben.

  • Population: 128.932.753
  • Capital: Mexiko-Stadt
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KOLUMBIEN

Kolumbien hat im Kontext der Systemkonkurrenz zwischen Russland, China und westlichen Demokratien für Deutschland und Europa als Wertepartner und regionaler Stabilitätsanker erhebliche strategische Bedeutung. Mit Blick auf Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft, Fläche und Ressourcenreichtum zählt das Land zu den wichtigsten Ländern Lateinamerikas.

  • Population: 50.882.891
  • Capital: Bogota
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URUGUAY

Trotz der bescheidenen Größe hat Uruguay mit seiner beeindruckenden politischen und sozioökonomischen Verfasstheit im lateinamerikanischen Vergleich Modellcharakter. In einer nicht immer stabilen Region blickt das Land auf eine lange demokratisch-republikanische Tradition mit funktionierenden Institutionen und einer vielfältigen Medienlandschaft zurück. Laut der jüngsten Ausgabe des Democracy Index des Magazins The Economist ist Uruguay derzeit das demokratischste Land Lateinamerikas, während es weltweit Platz 15 belegt.

  • Population: 3.473.730
  • Capital: Montevideo
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BRASILIEN

Brasilien ist die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas und zählt mit einem BIP von knapp 1,5 Billionen US-Dollar zu den wichtigsten Schwellenländern der Welt. Das Land verfügt über einen Binnenmarkt von 214 Millionen Einwohnern und ist reich an natürlichen Ressourcen.

  • Population: 212.559.417
  • Capital: Brasilia
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